Was kann die Fußballwelt von anderen Spitzensportlern noch lernen?

Was kann die Fußballwelt von anderen Spitzensportlern noch lernen? Antje Heimsoeth

Autor

Antje Heimsoeth

Datum

07. Feb 2014

„Wir (Fußball-)Trainer haben heute eine viel größere und umfassendere Aufgabe und Verantwortung. Es reicht nicht mehr einfach nur ein fachliches und kompetentes Training abzuhalten. Heute sind unsere Aufgaben neben der Trainingsgestaltung viel mehr im Bereich der Sozialkompetenz und des Coachings gefragt. Gerade das Thema Junge Spieler/innen zu motivieren, kreativ zu sein und sie auch außerhalb des Platzes als Coach „abzuholen“ ist mehr denn je gefragt, wenn wir die Kinder und Jugendlichen in unserem Sport langfristig sehen wollen. Wir Trainer, ich selbst zu Beginn meiner Trainerlaufbahn eingeschlossen, neigen oft dazu, weil wir es nicht anders kennen, dem sportartspezifischen Training zu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Meinen zu oft, gerade wenn man eine Mannschaft übernimmt und Defizite erkennt diese durch noch mehr Training und noch mehr Training zu beheben. Oft vergessen wir aber gerade wie wichtig es ist sich mit den Spielern/Spielerinnen in den „nicht fußballspezifischen Bereichen“ auseinanderzusetzen und hier den Hebel anzusetzen.

Fragen Sie sich doch einmal selbst, wie viel Prozent ihrer Zeit mit der Mannschaft/Ihrer Spieler/dem Sport die sie verbringen, investieren Sie in der Woche/im Monat für die Ausarbeitung oder Durchführung des sportartspezifischen Trainierens von Technik, Taktik, Koordination, Kraft, Schnelligkeit, usw.? Und wie viel Prozent dieser Zeit investieren Sie in die Entwicklung/Förderung von Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein, Stärken stärken, Erfolge schaffen und feiern, Loben, Freude und Begeisterung schaffen, (Feedback-)Gespräche führen, Ziele ausarbeiten, Ziele verfolgen, oder Ihre Spieler/innen wirklich kennen zu lernen?

Was wissen Sie über Ihre Spieler/innen? Wissen Sie was diese bewegt? Welche Probleme diese haben? Wie ihr soziales und familiäres Umfeld ist? Wie es in der Schule/dem Beruf aussieht? Welche Probleme sie mit sich herumtragen und welche Dinge sie belasten? Oder noch besser, über was sie sich freuen, was ihnen gefällt, Spaß und Freude bereitet? Wie oft haben Sie in der aktuellen oder der letzten Saison etwas anderes wie „trainieren“ oder „ein Spiel“ mit Ihrer Mannschaft unternommen?

Wenn sie mehr wie 50% mit reinem „Training“ beschäftigt sind und alle anderen Punkte nicht oder nur wenig darin vorkommen, dann sollten Sie sich als Trainer/Coach mal Hinterfragen ob es nicht noch mehr und andere wichtige Punkte gibt die dieses Spiel/Sportart und vor allem den Mannschaftssport ausmachen. Denn ALLE reden immer davon wie viel der Kopf im (Fußball-)Sport ausmacht. Man hört Zahlen wie mindestens 70 – 80% des Spiels über Sieg oder Niederlage werden im Kopf entschieden. Sprüche wie der Gegner war uns vom Kopf her überlegen, mental frischer oder hatte den größeren Willen, hört man immer wieder. Dann sollten wir Trainer uns einmal fragen, warum wir aber dennoch 70-80% unserer Zeit mit unserem sportartspezifischen Training verbringen und nicht mit dem was wir als entscheidend und viel wichtiger erachten. Wobei ich sagen muss, dass wir Fußballer hier noch viel mehr Nachholbedarf haben und uns viele Sportarten etwas voraus haben.“

Christian Klein, Cheftrainer des VfR Mannheim

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert