Auch wenn man Rocky Balboa, den boxenden Filmheld der Achtziger Jahre, nicht unbedingt für ein Paradebeispiel mentaler Stärke halten würde, so bringt er einen entscheidenden Aspekt für mentale Stärke im Gespräch mit seinem Sohn auf den Punkt: „Die Welt ist oft ein gemeiner und hässlicher Ort. Und es ist mir egal, wie stark du bist. Sie wird dich in die Knie zwingen und dich zermalmen, wenn du es zulässt. Du und ich – und auch sonst keiner – kann so hart zuschlagen wie das Leben. Aber der Punkt ist nicht der, wie hart einer zuschlagen kann. Es zählt bloß, wie viele Schläge er einstecken kann, und ob er trotzdem weitermacht. Wie viel man einstecken kann und trotzdem weitermacht. Nur so gewinnt man!“
Fehler sind wie Leitplanken auf der Straße zum Erfolg
In unserer leistungsorientierten Gesellschaft empfinden wir Fehler oft als Makel, Misserfolge als persönliches Scheitern und streben stets nach der Perfektion. Dabei gehört es zur Weiterentwicklung, sich Fehler zu erlauben! Misserfolge sind die Lehrmeister des Erfolgs. Ein jüdisches Sprichwort lautet: „Fast jeder Erfolg ist begründet auf einer vorherigen Niederlage.“ Ohne Fehler würden wir nicht innehalten und prüfen, ob es alternative, sprich bessere Denk-, Verhaltens- und Herangehensweisen für unser Anliegen gibt. Fehler sind wie Leitplanken auf der Straße zum Erfolg. Sie lassen uns nicht vom Weg abkommen, sondern rütteln uns wach, wenn wir auf Abwege zu geraten drohen. Mentale Stärke bedeutet deshalb auch, sich den eigenen Fehlern zu stellen. Für die Fehlerbetrachtung sollten wir einen Spiegel benutzen, kein Fernglas. Das heißt, Fehler nicht zu leugnen und anderen oder unglücklichen Umständen zuzuschieben, sondern sie anzuerkennen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Denn sie verraten uns, wo wir stehen und wo Verbesserungsbedarf herrscht. In ihnen liegt die Antwort, wie wir zurück auf die Straße Richtung Erfolg finden.
Fehler zu bewerten setzt einen klaren Blick voraus
Rocky Balboa weiß: Keiner kann so hart zuschlagen wie das Leben. Die mentale Stärke liegt in dem Wissen, diesen Umstand zu akzeptieren und sich dennoch nicht davon entmutigen zu lassen. Wer strauchelt und wissen will, warum er gestrauchelt ist, muss den Mut haben, sich den vorangegangenen Ablauf genau anzuschauen. Nehmen Sie sich davor Zeit, negative Stressgefühle abzubauen – durch Sport, den Aufenthalt in der Natur, Gespräche mit Vertrauenspersonen, das Drücken eines Wutballs usw. Ihr Kopf sollte möglichst frei sein, bevor Sie sich an die Auswertung Ihres Fehlers machen.
Spitzensportler analysieren ihre Wettkämpfe oft mit Hilfe von Videoaufnahmen. Der Ex-Handballnationaltrainer Heiner Brand sagt zu dem Umgang seiner Mannschaft mit der Vorrundenniederlage während der WM 2007: „Auf dem Spielfeld ist eine solche umfassende Diagnose kaum möglich, weil hier die Anspannung und die Konzentration auf die nächste Aktion viel zu groß sind. Die Spieler erkannten im Rückblick klar, welche gravierenden Fehler sie begangen hatten, und gingen schonungslos mit sich selbst ins Gericht. Sie waren erschrocken, zogen aber nicht den Kopf ein. Stattdessen wurde die Niederlage gegen Polen in der Vorrunde zum Ausgangspunkt für eine sehr positive Entwicklung mit den folgenden Siegen, bei denen die Deutschen einen völlig anderen, absolut erfolgsorientierten Handball zeigten.“ (Brand, H., Löhr, J. Projekt Gold: Wege zur Höchstleistung – Spitzensport als Erfolgsmodell, 2008, S. 286). Wenn es Ihnen gelingt, Ihre Fehler anzuerkennen und sachlich auszuwerten, können Sie den größtmöglichen Nutzen daraus für sich ziehen. Nehmen Sie sich Zeit für eine schriftliche Analyse – das hilft, Dinge klarer zu erkennen.
Fehler verlangen nach Analyse, nicht nach Selbstzerfleischung
Die Auseinandersetzung mit einem Fehler bedeutet nicht, sich selbst fertigzumachen und im Tal der Selbstkritik und des Selbstmitleids zu verharren. Zur Fehleranalyse zählt auch die Wertschätzung. Neben den Faktoren, die den Fehler begünstigt haben, sollten Sie Ihre Aufmerksamkeit auch jenen Dingen widmen, die gut liefen. Mentale Stärke heißt auch, den Blick zu öffnen. Welche Stärken kamen zum Tragen? Es läuft nie alles schlecht. Und dann fragen Sie sich:
- Was kann ich daraus lernen?
- Was und wie lässt es sich beim nächsten Mal besser machen?
- Was lässt sich verändern?
- Welche inneren und äußeren Ressourcen brauche ich dazu?
Bei Ihren Schlussfolgerungen helfen kein „Ich muss“ oder „die anderen müssen“. Ebenso wenig nützt es Ihnen, sich und andere global abzuwerten („Ich bin ein Versager“, „der andere taugt nichts“) oder zu katastrophisieren („Es wäre absolut schrecklich, wenn…“). Das zieht einen Rattenschwanz negativer Konsequenzen nach sich, die aus einem Bagatellschaden schließlich einen Totalschaden werden lassen, um beim Straßenverkehr zu bleiben. Dann herrscht nämlich das Gefühl vor, Ihr eigenes Bestreben sei sinnlos – entweder wegen Ihres empfundenen Unvermögens oder wegen Ihres scheinbar hinderlichen Umfelds. Das impliziert geringes Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Daraus resultieren Angst, Blockaden, Stress, Unbehagen. Das blockiert Sie, ggf. Ihr Team und führt eventuell zu weiteren schlechten Leistungen. Aus einem Fehler wird so eine Pannenserie.
Fehler abhaken, nicht mitschleppen
Der Fehler ist geschehen, Ihr Wagen sitzt an der Leitplanke. Den Fahrfehler können Sie nicht mehr rückgängig machen. Nach der Analyse ist es wichtig, den Blick wieder nach vorne auf die Straße zu richten, auf das Ziel, das Sie erreichen wollen. Denn Sie können nur Ihre Gegenwart gestalten, nicht aber Ihre Vergangenheit. Als geben Sie Grübeleien keine Chance, sondern konzentrieren Sie sich auf die nächsten Schritte. Andernfalls blockiert Sie Ihr Fehler beim weiteren Handeln. Wie den Golfspieler, dessen Angst vor neuen Fehlern seine Performance negativ beeinträchtigt: „Ich lag nach Loch 14 +4. Das ist nicht schlecht, aber wenn man mit +12 reinkommt, dann fehlen mir die Worte. Der Platz ist superschwer, weil ich immer ein Holz ins Grün habe und in meiner Drive-Landezone Topfbunker sind. Trotzdem ist es mir teilweise gut gelungen. Mir ist aufgefallen, dass ich auf den letzten Löchern oft schlecht und den Rest der Runde normal spiele.“ Hier überschattet die latente Erwartungshaltung, dass es bei den letzten Löchern wieder Schwierigkeiten geben wird, die tatsächliche Leistungsfähigkeit. Die Angst vor dem Fehler produziert weitere Fehler. Deshalb ist das Abhaken ein entscheidender Akt beim Umgang mit Fehlern. So sagt auch Heiner Brand: „Vor dem Finale gegen Polen war das Vorrundenspiel gegen ebendiesen Gegner nur noch bei der taktischen Vorbereitung ein Thema. Die Niederlage hatte das Team längst ad acta gelegt.“ (ebd.). Mentale Stärke heißt auch, loslassen zu können.
Fehler sind relativ
Wenn Rocky Balboa im Boxring k.o. ging, war der Gegner offensichtlich stärker gewesen. Und mancher Fehler, den wir begehen, ist in Relation zu dem, was wir realistisch betrachtet hätten erreichen können, vielleicht gar nicht so überraschend oder vermeidbar, wie es uns in dem Augenblick erscheint. Mentale Stärke heißt auch, Fehler im Gesamtzusammenhang zu betrachten. Und aus mancher Relation ergibt sich dann der Trost, dass es hätte schlimmer kommen können – oder nicht viel zum Sieg fehlte. Erfolgreiche Menschen zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie eine optimistische Grundhaltung einnehmen. Und damit lassen sich Fehler besser verarbeiten.
Schließlich beweist ein Fehler letztlich auch, dass wir uns getraut haben zu handeln, eine Entscheidung getroffen haben statt zu hadern und zu zaudern. Schon Albert Schweitzer wusste: „Unsere Fehlschläge sind lehrreicher als unsere Erfolge.“ Also, trauen Sie sich und schauen Sie hin – es lohnt sich!
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Mehr zum Umgang mit Misserfolgen finden Sie hier: https://antje-heimsoeth.com/lehrmeister-misserfolg-niederlage-scheitern/
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Literatur
Weiteres zum Thema lesen Sie im Bestseller „Chefsache Kopf. Mit mentaler und emotionaler Stärke zu mehr Führungskompetenz“ von Antje Heimsoeth. Mehr dazu finden Sie hier: https://chefsache-kopf.de/
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