Wer unter Führen nur das Prinzip „Ich Chef, du Befehlsempfangende“ oder „Ich Allwissende(r), du Partizipierende(r)“ versteht, wird vieles ernten – nur keine Motivation, Teamspirit oder Commitment. Ich stelle immer wieder fest, dass der Aspekt der Beziehungsaufgabe, die jede Führungskraft hat, unterschätzt wird. Dabei ist eine gute Beziehung zum Mitarbeitenden die Basis für eine motivierende, erfolgreiche Zusammenarbeit. Die alljährliche Gallup-Studie macht stets aufs Neue deutlich: Die emotionale Bindung von Mitarbeitenden ans Unternehmen basiert auf der Art des Umgangs mit ihnen. Die Gallup-Experten Marcus Buckingham und Donald O. Clifton fassen den Kern guter Führungsarbeit wie folgt zusammen: „Um ihre volle Leistungsfähigkeit und ihr Potenzial zu erreichen, brauchen Ihre Mitarbeiter eine Führungskraft, der sie vertrauen, die das Beste von ihnen erwartet und die sich Zeit nimmt, sich mit ihren Eigenheiten zu befassen. Kurz gesagt, sie brauchen eine Beziehung.“ Gelingt es der Führungskraft, die Grundbedürfnisse eines Mitarbeitenden nach Information und Unterstützung zu befriedigen, ist dieser darüber hinaus Teil eines funktionierenden Teams und sieht zudem Entwicklungschancen für sich, dann sind die wesentlichen Faktoren einer erfolgreichen Arbeitsbeziehung erfüllt. Wenn sich diese Führungskraft dann noch als guter Beziehungsmanager fürs Team erweist und ein förderliches Miteinander kultiviert, gedeihen auf diesem Boden Erfolge und langjährige Zusammenarbeit. Dafür gilt es, Folgendes zu beachten:
# 1: Gemeinsame Ziele
Das gemeinsam definierte Ziel sollte stets im Fokus der Zusammenarbeit stehen. Eine funktionierende Beziehung lebt von Zielen, die als gemeinschaftliche Aufgabe betrachtet werden und davon, sich Freiräume zur Weiterentwicklung zu lassen. Fördern und entwickeln Sie als Führungskraft die Handlungsspielräume Ihrer Mitarbeitenden, z.B. durch selbstständige Projekte. Dabei ist die Herausforderung für Sie, eine gute Balance zu finden zwischen nötigen Vorgaben und genügend Gestaltungsfreiraum. Klar definierte Rollen und Verantwortlichkeiten helfen dabei. Ihre Mitarbeitenden brauchen Orientierung auf dem Weg zur Zielerreichung.
#2: Wertschätzung
Wertschätzung und Dankbarkeit gehen in guten Beziehungen Hand in Hand. Zeigen Sie sich dankbar für Erfolge oder auch die Verbundenheit im Team. Bedanken Sie sich öfter für erledigte Dinge und Engagement. Und hören Sie zu! Gutes Zuhören setzt die Bereitschaft zur Hingabe voraus, Empathie, Konzentration und natürlich Zeit. Auch wenn Zeit eine ständig knappe Ressource in Ihrem Alltag ist, rate ich, etwas davon dennoch regelmäßig für Gespräche mit Mitarbeitern aufzuwenden. Diese müssen nicht immer mit Termin stattfinden, sondern können auch spontan entstehen.
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Wertschätzung ist ein oft unterschätzter Erfolgsfaktor: Laut Gallup Meta-Analyse steigert sie die Produktivität (+ 21 %) und Rentabilität (+ 22 %), und reduziert gleichzeitig die Fehltage (- 37 %) und Fluktuation (- 67 %) von Mitarbeitenden. Als Führungskraft sollten Sie auch die Wertschätzung innerhalb des Teams fördern.
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#3: Augenhöhe
Als Führungskraft können Sie eine Arbeitskultur fördern, die von Augenhöhe geprägt ist. Das bedeutet: Jedes Teammitglied zählt gleich – Ideen, Impulse oder Feedback von jüngeren oder erst vor Kurzem dazugestoßenen Teammitgliedern sind genauso viel wert wie die von langjährigen Mitarbeitenden. In Meetings äußert sich jede und jeder. Alle Kolleginnen und Kollegen informieren sich gegenseitig und kommunizieren transparent. Diesen Stil leben Sie in Ihrer Kommunikation vor.
Auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten heißt auch, das Zusammenwirken von Kompetenzen zu ermöglichen und zu schätzen. Man respektiert untereinander die Fähigkeiten, Erfahrungen und Stärken des anderen, gönnt individuelle Erfolge und stellt das eigene Ego nicht in den Vordergrund. Zur Augenhöhe zählt übrigens auch, dass Sie sich als Führungskraft auch von jedem Teammitglied ein Feedback geben lassen und offen für Kritik sind.
#4: Gute Momente
Ein gutes Miteinander entsteht aus dem Verständnis füreinander. Und das lässt sich fördern. Sorgen Sie als Führungskraft dafür, dass alle im Team zum Beispiel miteinander teilen, warum sie etwas begeistert oder was den Einzelnen oder die Einzelne gerade bewegt. Unterstützen Sie einen menschlichen Umgang im Team, bei dem auch Spaß und Lachen nicht zu kurz kommen. Es darf auch Privates ausgetauscht werden. Es gilt, für eine motivierende, erfolgreiche Zusammenarbeit als Team gute Momente miteinander zu haben – diese lassen sich ebenso aus dem Feiern gemeinsam errungener Erfolge generieren wie aus einem Teamevent oder einer gemeinsamen Mittagspause. Voraussetzung dafür ist, dass sich Ihre Mitarbeitenden gegenseitig aufeinander einlassen, sich offen und wohlwollend begegnen. Den Grundstein dafür legen Sie als Führungskraft mit der Art und Weise, wie Sie mit Mitarbeitenden umgehen.
#5: Vertrauen entscheidet
Es gibt zwei Arten von Vertrauen: das Vertrauen in sich selbst und seine Fähigkeiten und das Vertrauen in andere. Beide lassen sich zur Motivation einsetzen. Nutzen Sie Ihr Selbstvertrauen, um sich selbst zu motivieren („Ich weiß, dass ich ein guter Analyst bin. Heute zeige ich allen im Meeting, wie genau ich die Situation xy erfasst habe und welche Konsequenzen ich für uns daraus ableite.“). Und motivieren Sie Ihre Mitarbeitenden, in dem Sie ihnen Vertrauen schenken und sie ermutigen, auf sich und andere zu vertrauen. In einem funktionierenden Team kann sich jedes Mitglied auf die Zuverlässigkeit und Unterstützung der anderen Mitglieder verlassen. Vertrauen ist der Schmierstoff im Getriebe der Zusammenarbeit. Mehr noch: Es hält Teams zusammen.
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Führung bedeutet, Vertrauen zu gewinnen. Das Vertrauen Ihrer Mitarbeitenden erlangen Sie nur, wenn Sie entsprechendes Vertrauen signalisieren und sich verlässlich verhalten, d. h. sich an Absprachen halten, klare Ansagen machen oder sich in einer schwierigen Situation schützend vor ein Teammitglied stellen. Dazu gehört auch, vorzuleben, was Sie sich für Ihre Mitarbeitenden wünschen: nämlich das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit zur Verwirklichung von Zielen.
Das gilt übrigens auch für das Meistern von Rückschlägen – wer sich vertraut, erholt sich schneller von Niederlagen und blickt zuversichtlich nach vorn. Diese Haltung können Sie durch Ihre eigene Haltung auch beim Team positiv beeinflussen, durch praktische und positive Erfahrungen. Auch bei Misserfolgen sollten alle im Team aufeinander zählen können. Vertuschungen und gegenseitige Schuldzuweisungen haben hier keinen Platz. Gutes Teamwork lebt von Konstruktivität und Lösungsorientierung.
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#6: Empathie
Als Führungskraft ist es nicht nur wichtig, die eigenen Gefühle kennen, einschätzen und regulieren zu können, sondern auch die Emotionen, Intentionen und Bedürfnisse von Mitarbeitenden nachzuvollziehen. Empathie ist der Schlüssel für den Bereich hinter der Fassade des anderen. Die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen und ihre Gefühle nachzuempfinden, ist für Sie als Führungskraft ebenso wichtig wie für Ihre Mitarbeitenden. Sie ermöglicht Perspektivwechsel, hilft Mitgefühl zu haben und den anderen und sein Handeln oder Verhalten besser zu verstehen – alles wichtige Merkmale eines förderlichen Miteinanders. Empathie ist ein Schlüsselfaktor gesunder Führung, die Mitarbeitende emotional ans Unternehmen bindet.
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Niemand ist perfekt. Zu viel Perfektion ist nicht die Autobahn Richtung Erfolg, sondern mündet in einer Sackgasse. Gestehen Sie Ihren Mitarbeitenden ebenso wie sich selbst Fehler zu, ein individuelles Stressempfinden oder auch mal einen schlechten Tag. Üben Sie sich darin, auch mal in den Schuhen des anderen zu gehen und schulen Sie auch das Bewusstsein Ihrer Mitarbeitenden dafür.
#7: Leadership
Ihr Erfolg als Führungskraft und gutes Teamwork beginnen mit A wie Authentizität. Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit, „Echtsein“ im Handeln und Reden ist die Basis, um Verlässlichkeit und Vertrauen zu generieren – für Ihr Standing als Führungskraft ebenso wie für das Miteinander im Team. Ihre innere Haltung sollte zu Ihrem äußeren Handeln und Verhalten passen, Inkongruenz schürt Misstrauen und mindert Commitment. Ein gutes Miteinander beeinflussen Sie durch ein gutes Self-Leadership (Seminar Selbstführung >>). Sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, aber sich umso mehr selbst zu vertrauen, hilft für eine gedeihliche Zusammenarbeit.
Modernes Leadership heißt vor allem, jeden Mitarbeitenden und das Team weiterzuentwickeln. Die Vorbildfunktion ist und bleibt dabei eine Kernaufgabe. Wie Sie sich verhalten, ob Sie sich an das halten, was Sie angeordnet haben, ob Sie zu Ihren Entscheidungen stehen (auch wenn der Vorstand mit im Meeting sitzt), wie Sie auf einen Vorschlag reagieren, ob Sie für Ihr Wort einstehen, sich für Ihr Team einsetzen, mit welcher Stimmung (freundlich, gut gelaunt, ausgeglichen oder gestresst, unsicher, ängstlich) Sie ins Meeting kommen – all das wirkt sich auf Ihr Team aus. Je vorbildlicher Ihr Agieren also ist, umso mehr davon übernimmt auch Ihr Team. Wem das Vorbild fehlt, der rudert ziellos im weiten Meer der Führungslosen umher, handelt nach Gutdünken statt nach gutem Vorbild, und gelangt nur auf Umwegen oder gar nicht in den Zielhafen. Zum vorbildlichen Verhalten gibt es keine Alternative – fangen Sie am besten gleich damit an.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein erfolgreiches Miteinander!
© Ihre Antje Heimsoeth
Verwendete Quellen:
Buckingham, M., Clifton, D. O. (2011) Entdecken Sie Ihre Stärken jetzt! Das Gallup-Prinzip für individuelle Entwicklung und erfolgreiche Führung. Campus, Frankfurt a. Main, S. 12.
Heimsoeth, A. (2022) Kopf gewinnt! Der Weg zu mentaler und emotionaler Führungsstärke, 3. Auflg., Springer Gabler.
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