Horchen Sie mal rein, wer da in Ihnen spricht

Positive und negative Gedanken - Antje Heimsoeth

Autor

Antje Heimsoeth

Datum

18. Aug. 2016

Haben Sie schon einmal bewusst auf Ihre inneren Stimmen gehört? Worüber denken Sie die meiste Zeit nach? Reden Sie sich gut zu vor Herausforderungen oder bestimmen Befürchtungen und Selbstzweifel Ihren inneren Dialog? Verzeihen Sie sich Fehler, haken Sie Niederlagen ab oder halten Sie sich diese noch lange vor? Die Qualität Ihres inneren Dialogs, also der Art, wie Sie innerlich mit sich selbst sprechen, spielt eine entscheidende Rolle in Ihrem Leben. Welcher Natur sind Ihre Selbstgespräche? Unterstützen Ihre inneren Stimmen Sie oder behindern sie Sie? Kommen Sie schnell ins Grübeln?

Positives Denken ist Mangelware
Wir denken am Tag etwa 60.000 einzelne Gedanken. Ca. 85 Prozent davon sind negativ und haben eine destruktive Wirkung. Lediglich 15 Prozent aller Gedanken sind positiver Natur und wirken konstruktiv. Es lohnt also, sich bewusst mit dem eigenen Gedankengut auseinanderzusetzen und den positiven Anteil zu erhöhen. Aus welchen Gründen? Weil es eine mentale Quelle darstellt, aus der wir enorm viel Kraft schöpfen können. Unsere Gedanken sind sozusagen die Materie mentaler Stärke.

Das Gehirn lässt sich jederzeit umstrukturierenDas Gehirn lässt sich jederzeit umstrukturieren
Gedanken verändern die Struktur unseres Gehirns. Und diese Struktur kann sich lebenslang verändern. Bereiche können sich vergrößern, schlummernde Verbindungen können aktiviert, überaktive Verbindungen können lahmgelegt, pathologische Verbindungen gekappt werden (vgl. Begley, 2010). Diese Fähigkeit des Lernens und Anpassens nennt sich Neuroplastizität. Je häufiger Sie bestimmte neuronale Verbindungen im Gehirn nutzen, desto stärker werden sie. Stellen Sie sich die Verstärkung von Nervenverbindungen wie das Trainieren eines Muskels vor. Wenn Sie regelmäßig im Fitnessstudio bestimmte Muskelgruppen trainieren, werden sie ausgeprägter und kräftiger. Das Gleiche geschieht mit häufig genutzten Nervenbahnen, sie verstärken sich. Auf diese Weise wird aus einem neuronalen Trampelpfad eine neuronale Autobahn. Ein Gedanke, eine Überzeugung oder eine Zielformulierung werden also umso mächtiger, je häufiger Sie deren mentalen Pfade beschreiten.

Installieren Sie neue mentale Software in Ihrem Bio-Computer
In unserem Gehirn spielen sich bewusste und unbewusste Vorgänge ab. Das Bewusstsein kann Ziele setzen, Ergebnisse bewerten, Probleme lösen. Das Unterbewusstsein ordnet, d.h., es verarbeitet aufgenommene Informationen und reduziert sie. Während das Bewusstsein abhängig ist von begrenzten Ressourcen, ist unser Unterbewusstsein unabhängig davon. Es arbeitet schnell und mühelos. Dabei vergleicht es neue Informationen mit bereits vorhandenen und teilt das Ergebnis dem Bewusstsein mit. Das bedeutet, das Unbewusste entscheidet, was uns bewusst werden soll (vgl. Schützenhöfer, 2007).

Stellen Sie sich Ihr Unterbewusstsein wie eine Software auf der Festplatte eines Computers vor. Ihre Gedanken, Worte und Bilder sind dort wie ein Programm gespeichert. Genau wie beim Computer können Sie Ihre alten, negativen, selbstzerstörerischen (Lebens-)Programme im Unterbewusstsein löschen und neu schreiben. Wenn wir uns der Arbeitsweise des Gehirns bewusst sind, dann liegt es bei uns, womit wir es als Nächstes programmieren – und ob wir uns mental stärken oder schwächen. 

Sich selbst stärken statt bremsen!
Sie können eine passive Haltung und negative Einstellung aufgeben. Mehr noch: Sie können diese durch förderliche Einstellungen, unterstützende Gedanken und Denkmuster und positive Bilder ersetzen. Dies erreichen Sie durch das Anerkennen der negativen Gedanken und das Umformulieren negativer Gedanken in positive. Achten Sie dabei auf eine tiefe Bauchatmung. So kann aus einer Überzeugung wie „Ich bin nicht gut genug.“ ein Satz, der wie ein Bremsklotz wirkt, der bestärkende Satz „Ich vertraue mir und meinen Fähigkeiten voll und ganz!“ werden.

Die Kontrolle des inneren Dialogs
Die Kontrolle des inneren Dialogs spielt vor allem in herausfordernden Situationen eine entscheidende Rolle. Mental starke Spitzensportler sind im Wettkampf auch deshalb erfolgreich, weil sie wie Sieger denken. Sie wissen, dass negative Gedanken u.a. zu Muskelverspannungen führen, den Bewegungs- und Atemfluss hemmen und evtl. in leichten Schmerzen münden. Und dass positive Gedanken für  Wohlgefühl sorgen und den Zugang zum vollen Leistungspotenzial erleichtern. Ein Skispringer, der sich vorm Absprung innerlich sagt: „Ich fühle mich wie ein Adler.“ wird einen anderen Sprung absolvieren als jener, der mit zittrigen Knien denkt: „Ich darf bloß keinen Wackler haben.“ Ein bejahender, bekräftigender Satz, auch Affirmation genannt, hilft, sich selbst in den optimalen Zustand zu versetzen.

„Ich schaffe das!“ statt „Das kann nicht klappen!“
Im Wort Affirmation (= positives Selbstgespräch) steckt das lateinische Wort „firmare“, was so viel bedeutet wie „festigen, verankern“. Je öfter Sie eine Affirmation wiederholen, desto stärker wirkt sie sich auf Ihre Gedanken und Ihre Überzeugungen aus.

Eine schriftliche Analyse Ihrer Selbstgespräche vor, während und nach leichten, schwierigen, aussichtslosen sowie erfolgreichen Anforderungs- und Stresssituationen hilft Ihnen, zu erkennen, welche Selbstgespräche unterstützend und welche hinderlich für Ihr Handeln und Ihre Leistung sind und waren. Suchen Sie jene Selbstgespräche heraus, die am besten geeignet waren, erfolgreich zu handeln und positive Konsequenzen auf Ihre Leistung hatten (vgl. Eberspächer, 2004).

Wählen Sie positive Formulierungen und bilden Sie kurze Sätze (max. 10 Worte) in der Gegenwartsform. Jeder Satz beginnt mit „Ich“, z.B. „Ich kann das.“ Schenken Sie sich ein inneres Lächeln beim Sprechen. Wenn Sie Ihre Affirmation formuliert haben, notieren Sie diese auf einem Haftzettel, den Sie in Ihrem persönlichen Bereich in Sichtweite platzieren, oder Sie speichern sie als Hintergrundbild auf Ihrem Smartphone ab. Je öfter Sie darauf schauen, umso besser speichert Ihr Unterbewusstsein die Botschaft ab. Je mehr positive Botschaften Sie dort hinterlegen, desto höher wird Ihr Anteil jener Gedanken, die Sie unterstützen  – und das ist ein wesentlicher Baustein mentaler Stärke.

Mehr zum Aufbau emotionaler und mentaler Stärke lesen Sie in meinem neuen Buch: „Chefsache Kopf. Mit mentaler und emotionaler Stärke zu mehr Führungskompetenz“ (Springer Gabler, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-05774-9, 205 Seiten).

Literatur:
Begley, S.: Neue Gedanken, neues Gehirn: Die Wissenschaft der Neuroplastizität beweist, wie unser Bewusstsein das Gehirn verändert, Goldmann, München, 2010.
Eberspächer, H.: Mentales Training. Das Handbuch für Trainer und Sportler,  Copress, München, 2004, S. 107.
Schützenhöfer, L.: PsychoGolf. Erfolg mit dem Schwung des Unbewussten, Leykam, Graz, 2007, S. 40-47.

© Antje Heimsoeth

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