Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, sagt der Volksmund. Ständige Veränderung ist nicht jedermanns Sache, obwohl das Leben an sich permanenter Wandel ist. Aber Gewohnheiten geben uns in diesem fortwährenden Veränderungsprozess nun mal Gewissheit und Geborgenheit. Wir richten uns mit ihnen in unserem Leben ein, hinterfragen sie selten, halten sie aufrecht. Doch es gibt Gewohnheiten, bei denen es besser wäre, sie zu hinterfragen und zu ändern. Denn sie wirken auf uns, prägen unser Verhalten und Handeln, machen uns zu einem Teil aus. Und Sie beeinflussen Ihren Führungsstil und -alltag. Damit haben Ihre Gewohnheiten nicht nur auf Sie, sondern auch auf andere einen Effekt. Die gute Nachricht: Wer sich dessen bewusst wird, kann aus schlechten Gewohnheiten bessere machen. Los geht`s:
#1 Selbstkritik & Ablehnung
Sehen Sie die Realität, wie sie wirklich ist und glauben Sie ihr? Oder wird Ihre Wahrnehmung von eigenen Vorstellungen geprägt, die sich als Abbild wie ein Filter vor die reale Situation schieben? Oft leben wir nach Mustern, derer wir uns nicht immer bewusst sind. Sie sorgen dafür, dass wir die Realität anders wahrnehmen. Diese Einschränkungen der Wahrnehmung entstehen aufgrund unserer Erziehung und persönlichen Erfahrungen, aufgrund von Einstellungen, Ängsten, Werten, Bedürfnissen, Entscheidungen, Glaubenssysteme und Erinnerungen.
Der innere Kritiker
Sie erhalten vielfaches Lob für eine Präsentation, bekommen einen großen Bonus oder werden mit einer sehr verantwortungsvollen Aufgabe betraut. Denken Sie in solchen Momenten: Das habe ich eigentlich nicht verdient? Dann ist Ihr innerer Kritiker übermächtig. Und dieser ewig nagenden Stimme sollten Sie starke Argumente entgegenbringen, damit Selbstkritik, Zweifel und Ablehnung sich selbst gegenüber nicht Ihr Handeln und Denken überschatten. Arbeiten Sie an Ihrem Selbstvertrauen, stärken Sie Ihre Selbstachtung, z. B., indem Sie eine Liste anfertigen, bei der jeder Punkt mit „Ich bin stolz auf …“ beginnt. Führen Sie sich vor Augen, was Sie geleistet und errungen haben – und werfen Sie in Momenten des Zweifelns und der Ablehnung einen Blick darauf, um sich bewusst zu machen, dass Sie sehr wohl den Bonus, das Lob oder das Vertrauen in Ihr Können verdient haben. Um die Gewohnheit des „Sich selbst Niedermachens“ zu ändern, hilft es auch, sich mit seinen Ängsten auseinanderzusetzen, z. B. der Angst vor Versagen oder davor, nicht genug zu sein. Was steckt dahinter? Wie begegne ich solchen Gefühlen? Ist die Angst wirklich berechtigt?
#2 Ausreden
Neigen Sie dazu, nach Ausflüchten zu suchen, wenn Sie ein Timing nicht einhalten, eine Aufgabe nicht vollständig erfüllen oder etwas Wichtiges vergessen haben? Damit wälzen Sie Verantwortung ab. Hören Sie auf, andere oder die Umstände für Ihre Schwächen oder Rückschläge verantwortlich zu machen. Als Führungskraft sind Sie Vorbild: Übernehmen Sie Verantwortung für Ihre Handlungen und Ergebnisse – das erwarten Sie von Ihren Mitarbeitenden doch auch! Beobachten Sie sich aufmerksam im Alltag: Wann wenden Sie eine Ausrede an? Sie zu erkennen ist der erste Schritt, um sich aus dieser Gewohnheit herauszulösen. Nichts ist hartnäckiger als schlechte Gewohnheiten. Hier ist Ihre Willensstärke gefordert! Stellen Sie sich Problemen statt sie zu ignorieren, schieben Sie nichts auf, sondern kommen Sie ins Tun. Zielorientierung und Disziplin sind Schlüsselqualifikationen, um erfolgreich zu führen. Vielleicht gelingt es Ihnen durch bewusstes Umfeldmanagement, sich Unterstützung und Ermutigung zu holen, um die Gewohnheit abzulegen, sich immer aus allem herauszureden, wenn es unangenehm wird. Schämen Sie sich nicht, sondern machen Sie aus Ihrer Schwäche eine Stärke, indem Sie zeigen: Schluss mit Ausreden! Ich bin mir dieser schlechten Gewohnheit bewusst und will sie ändern. Helft mir bitte dabei. Das verdient Respekt.
#3 Grübelei
Keine Frage, als Führungskraft tragen Sie viel Verantwortung, müssen strategisch und vorausschauend handeln. Es gibt Anforderungen und Erwartungen an Sie. Das erzeugt Druck. Vielleicht haben Sie die Gewohnheit, aus diesem Grund alles genau gedanklich durchzuspielen, damit Sie nichts übersehen und Ihnen kein Fehler unterläuft. Aus Versagensangst oder der Angst, Ansehen zu verlieren, und aus dem Bedürfnis nach Kontrolle. Oder Ihre Gedanken kreisen um ein Problem, ohne dass Sie der Lösung näherkommen. Je stärker Sie sich in alles hineindenken, desto länger dauert es, bis Sie ins Tun kommen. Zu viel Grübeln hemmt Ihr Handeln und erzeugt Sorgen und Ängste. Daher machen Sie Schluss mit dieser destruktiven Angewohnheit. Setzen Sie Ihren Grübeleien den Gedankenstopp entgegen und entdecken Sie die Freude des Handelns!
Podcast „Tipps, um das Grübeln zu reduzieren bzw. Sorgen zu stoppen“ >>
#4 Hochstapler-Syndrom
Gehören massive Selbstzweifel hinsichtlich Ihrer Fähigkeiten, Leistungen und Erfolge zu Ihren Gewohnheiten, leiden Sie vielleicht unter dem Hochstapler-Syndrom, auch bekannt als Impostor-Syndrom. Glauben Sie, Sie werden überschätzt, hatten nur Glück oder es war reiner Zufall, dass es Ihnen gelungen ist, den Kunden zu überzeugen oder einen Klienten erfolgreich zu betreuen? Kommen Sie sich dann wie ein Hochstapler vor und leben Sie in Sorge, jemand könnte Sie entlarven und Ihr vermeintliches Defizit aufdecken? Hören Sie auf, sich mit anderen zu vergleichen. Versuchen Sie nicht, wie ein anderer Mensch zu sein, sondern arbeiten Sie an Ihrem Selbstvertrauen. Erstellen Sie Ihre persönliche Anspornliste mit positivem Feedback von Teammitgliedern, Kolleginnen und Kollegen, Kunden. Würdigen Sie jeden einzelnen Erfolg, teilen Sie ihn mit anderen, verankern Sie Erfolgserlebnisse in Ihrer Erinnerung. Streichen Sie die Verneinung aus Ihrem „Ich bin nicht gut genug“. Sagen Sie sich als Affirmation regelmäßig „Ich bin gut genug“ und ganz besonders in herausfordernden Situationen. „Ja, ein Teil von mir hat Angst. Sie bewahrt mich vor Nachlässigkeit oder Arroganz, aber sie ist nur ein Teil von mir. Ebenso sind die Gewissheit meiner Fähigkeiten und Erfolge ein wahrhaftiger Teil von mir.“
Weiterlesen „Hochstapler-Syndrom: Gelegentliche Zweifel sind notwendig“
#5 Risikovermeidung
Wer nichts riskiert, hat nichts zu verlieren. Ist das Ihr Motto? Dem halte ich entgegen: Das Risiko von heute ist die Chance von morgen. Ja, Chance, nicht absolute Sicherheit. Aber ohne Wagnis keine Weiterentwicklung. Keine Weiterentwicklung ist nichts anderes als Stillstand. Und Stillstand bedeutet Rückschritt. Wollen Sie wirklich rückwärtsgehen? Wenn Sie bei dieser Gewohnheit verharren, ist Ihre berufliche Karriere schnell zu Ende und als Persönlichkeit gewinnen Sie nichts mehr dazu. Wagen Sie sich immer mal wieder aus Ihrer komfortablen Sicherheitszone heraus, testen Sie Ihr Vertrauen in sich, nutzen Sie Gelegenheiten, um Neuland zu beschreiten. Ihre Bereitschaft, ein Risiko einzugehen, hängt von Ihrer persönlichen Einschätzung und Bewertung dieses Risikos ab. Hinterfragen Sie daher Ihr Bewertungsschema und die Qualität Ihrer Einschätzung. Vielleicht befürchten Sie mehr negative Konsequenzen als angemessen. Betrachten Sie Risiken auch als Einladung zum Wachstum!
#6 Mangelnde Leidenschaft
Gerade als Führungskraft ist Begeisterungsfähigkeit eine wichtige Voraussetzung, um andere zu motivieren. Wie wollen Sie andere begeistern, wenn Sie selbst jede Begeisterung vermissen lassen? Seien Sie so leidenschaftlich, dass die Menschen um sie herum vielleicht sogar denken, Sie seien ein bisschen „verrückt“. Leidenschaft ist ein großer Motor fürs Handeln und kann in der Führung Großes bewirken. Sie lässt uns manche Anstrengung vergessen, setzt Kreativität frei und beflügelt uns. Mein Tipp: Führen Sie ein Leidenschafts-Audit durch! Verfolgen Sie eine Woche lang, was Sie mit Energie versorgt und was Ihre Begeisterung weckt. Und dann wagen Sie den Rückblick: Führen Sie ein Interview mit Ihrem 10-jährigen Ich. Was hat dich wirklich und nachhaltig begeistert? Das weckt leidenschaftliche Erinnerungen!
#7 Starrheit
Ständig auf seinen Standpunkt zu beharren, ist kein Ausdruck von Stehvermögen, sondern vom Wunsch, festzuhalten. Als Führungskraft sollten Sie Starrheit nicht mit Geradlinigkeit verwechseln. Legen Sie die Gewohnheit des Starrsinns ab! Seien Sie versichert: Flexibilität hat einen unschätzbaren Wert – nicht nur im Umgang mit Krisen und Veränderungen, sondern auch mit anderen. Wie schnell geraten Sie in Diskussionen, wenn Sie versuchen, Ihren Standpunkt zu vertreten? Und wie weit bringen Sie diese Diskussionen tatsächlich? Versuchen Sie, andere Standpunkte stehen zu lassen und erweitern Sie andere Sichtweisen um Ihre: Sagen Sie „Ja, und…“ statt „Nein, aber…“ Üben Sie sich darin, gegen Ihre eigene Meinung zu argumentieren. Damit erweitern Sie Ihren Geist und die Fähigkeit des Perspektivenwechsels. Das hilft Ihnen dabei, Situationen besser einschätzen und Meinungen besser einordnen zu können. Nicht jede andere Ansicht ist ein Angriff auf Ihre Sicht der Dinge – und nicht jedes Festhalten und Beharren ist sinnvoll.
#8 Toxizität tolerieren
Achtsamkeit ist mehr als ein Modewort. Im Bewusstsein fürs Hier & Jetzt liegt Wachheit für das, was tatsächlich ist. Achten Sie darauf, was oder wer Sie bei der Arbeit auslaugt. Es braucht Aufmerksamkeit, um toxische Menschen oder Verhaltensweisen zu erkennen. Wer sich an toxische Umstände gewöhnt und sie damit toleriert, der nimmt Schaden. Kein Job, trotz Status und Prestige, ist es wert, dass Sie Ihre mentale Gesundheit opfern. Brechen Sie mit der Gewohnheit, Toxizität zuzulassen und tun Sie stattdessen, was nötig ist, um sich davon zu distanzieren. Erlauben Sie sich bewusstes gesundes Handeln und eine ebensolche Haltung. Setzen Sie toxischen Menschen im Team oder in Ihrem persönlichen Umfeld Grenzen, halten Sie diese selbst ein und konzentrieren Sie den Einsatz Ihrer Energie auf unterstützende Menschen und Verhaltensweisen zugunsten des Arbeits- und Betriebsklimas.
Gutes Gelingen wünscht Ihnen © Antje Heimsoeth.
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