Warum Aktives Zuhören ein entscheidendes Führungsinstrument ist

warum Aktives Zuhören ein entscheidendes Führungsinstrument ist - Antje Heimsoeth

Autor

Antje Heimsoeth

Datum

09. Jan 2019

Kategorien

Raus aus dem Sendemodus, gehen Sie auf Empfang – warum Aktives Zuhören ein entscheidendes Führungsinstrument ist

Jede zweite Führungskraft investiert maximal eine Stunde pro Woche, um sich mit Mitarbeitern persönlich auszutauschen, bei jeder vierten ist es sogar weniger als eine halbe Stunde laut einer Umfrage von The Alternative Board (TAB). Dabei sind 91 Prozent der Befragten davon überzeugt, dass es wichtig sei, bei grundlegenden Entscheidungen die Einschätzungen und Wünsche von Mitarbeitern zu berücksichtigen. Doch diese lassen sich eben vor allem durchs persönliche Gespräch ermitteln – und daran mangelt es in deutschen Büros und Werkhallen. Fehlender Austausch und mangelhaftes Zuhören können fatale Folgen haben: Mehr als die Hälfte der 600 mittelständischen TAB-Unternehmer gab zu, verlustreiche Fehlentscheidungen getroffen zu haben, weil sie Mitarbeitern nicht zugehört hatten. Woran liegt es, dass wir uns so schwer tun mit dem Zuhören?

Im Zeitalter der ständigen Reizüberflutung ist unsere Aufmerksamkeitsspanne geringer geworden – immer mehr Informationen und Nachrichten strömen in unser Bewusstsein und nehmen Raum ein. Oftmals sind wir zu sehr mit uns selbst, unseren Aufgaben und Pflichten, unseren mobilen Nachrichtendiensten, sozialen Netzwerken und dem E-Mail-Eingang beschäftigt, die in einem nicht enden wollenden Chat-Chor unsere Aufmerksamkeit binden. Dann fehlen schlichtweg Kapazitäten, um die Äußerungen meines Gegenübers in einem Gespräch konzentriert zu verfolgen und Fragen dazu zu stellen.

Ein halbes Ohr hört höchstens die Hälfte

Sobald ich gedanklich abschweife, verliere ich den Gesprächsfaden und versäume Inhalte. Das kann für Missverständnisse und Fehleinschätzungen sorgen. Ein halbes Ohr hört höchstens die Hälfte – und vernichtet Motivation und Vertrauen beim anderen. Denn wer das Gefühl hat, das ihm nicht wirklich zugehört und er nicht richtig wahrgenommen wird, der öffnet sich nicht, sondern zieht sich zurück, beschränkt sich auf das Nötigste an Mitteilungen und ist wenig motiviert, tiefere Einblicke zu gewähren oder sich nachhaltig zu engagieren. Aktives Zuhören heißt fokussiert aufs Gegenüber zu sein, auf Selbstbeweihräucherung, gut gemeinte Ratschläge und vorschnelle Interpretationen zu verzichten.

Die Expertisen und Blickwinkel der anderen führen zu Weitblick

Die besten Unternehmer seien gute Zuhörer, sagt Richard Branson („Seek to understand before you seek to be understood“, virgin.com, Blog). Auch Apple-Gründer Steve Jobs forderte seine Mitarbeiter stets zu Diskussionen heraus, fragte nach den wichtigsten zehn Projekten fürs kommende Jahr, ließ alle zu Wort kommen und ausreden. Aus den Ergebnissen erstellte er ein Ranking, das für ihn die Richtschnur des künftigen Handelns war. Die besten drei Ideen standen fortan im Fokus. Führungskräfte wie Jobs wissen die verschiedenen Sichtweisen und Expertisen ihrer Mitarbeiter zu schätzen. Und sie heben diesen Schatz durch aktives Zuhören.

Viele Menschen bewerten schnell, oft zu schnell. Wenn sie ihr Gegenüber ausreden ließen und bis dahin wertfrei zuhörten, fiele die anschließende Bewertung des Gesagten oft ganz anders aus als das vorschnelle Reagieren und Einordnen. Manchmal sind jedoch der Zeitdruck und der Berg an Aufgaben so hoch, dass wir das Vermögen nicht aufbringen können, aufmerksam zuzuhören. Dann ist es sinnvoll, das Gespräch – wenn möglich – zu vertagen und einen besseren Moment dafür zu wählen.

Aktives Zuhören lässt sich lernen, nachfolgend ein paar Anregungen dafür: 

Fokus aufs Gegenüber

Nachdem Sie Ihrem Mitarbeiter/Ihrer Mitarbeiterin eine offene Frage gestellt haben, gilt es, der Antwort volle Aufmerksamkeit zu schenken. Das bedeutet: Schauen Sie beim Zuhören nicht aus dem Fenster, auf Ihr Handy oder den PC-Monitor, sondern blicken Sie Ihr Gegenüber an. Ansonsten gleicht es einer Partyeinladung, bei der Sie dem ankommenden Gast zwar noch die Tür öffnen, aber sie gleich danach wieder zuschlagen und ihren Gast auf der Fußmatte stehen lassen.

Gute Fragen sind die halbe Miete

Ein gewinnbringendes Zuhören setzt gute Fragen voraus. Stellen Sie vor allem W-Fragen, verzichten Sie jedoch auf Warum-Fragen. Etwas zu verstehen muss nicht unbedingt heißen, damit auch einverstanden zu sein, wie mein Kollege Boris Grundl treffend formuliert. Doch Verständnis ist die Voraussetzung für funktionierende Kommunikation. Fassen Sie das eben Gehörte nochmals mit Ihren eigenen Worten zusammen, so dass Ihr Mitarbeiter/Ihre Mitarbeiterin gegenchecken kann, ob Sie ihn oder sie richtig verstanden haben.

Nehmen Sie sich Zeit

Keine Frage, ein Statement abzugeben geht weitaus schneller als Fragen zu stellen und anschließend zuzuhören. Doch genau diese Zeit fürs aktive Zuhören ist es, die Führungskräften wichtige Einblicke und Wasserstandsmeldungen bescheren. Auf diese Weise lassen sich Missstände, Sorgen, Verunsicherungen oder Wünsche schneller aufdecken als wenn Sie warten, bis die Dinge durch Eskalation bei Ihnen ankommen. Aktives Zuhören schenkt Ihnen Vorsprung.

Kritik und Pausen aushalten

Mitunter werden Sie beim Nachfragen als Führungskraft kritisiert. Es ist wichtig, dass Sie das aushalten und sich nicht sofort rechtfertigen, sondern nur Verständnisfragen dazu stellen. Aktives Zuhören erfordert Gelassenheit von einer Führungskraft, um mit Unvorhersehbarem souverän umzugehen. Manchmal entsteht auch eine längere Gesprächspause, auch diese gilt es auszuhalten, und nicht verlegen oder vorschnell mit Reden zu füllen. Sie lässt sich vielmehr zur inneren Reflektion des Gesagten nutzen.

Weniger ist mehr

Aktives Zuhören legt den Fokus – Sie ahnen es – aufs Zuhören. Das bedeutet, Ihr eigener Redeanteil als Führungskraft sollte bei 30 Prozent liegen, nicht mehr. Also: Weniger reden, vor allem weniger über sich selbst reden. Denn wer über sich selbst spricht, rückt sich in den Mittelpunkt des Gesprächs. Doch wenn Sie als Führungskraft mit einem Mitarbeiter, Kollegen oder Kunden sprechen, soll eben der andere im Mittelpunkt stehen, nicht Sie.

Perspektivenwechsel

Mitarbeiter, Kollegen, angegliederte Abteilungen – jeder hat eine eigene Sichtweise auf gemeinsame Themen und Probleme. Die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel ist förderlich fürs gegenseitige Verständnis. Nehmen Sie bewusst einen anderen Blickwinkel auf das Geschehen ein – und ermuntern Sie auch Ihren Gesprächspartner, die Perspektive zu wechseln. Das hilft beim gegenseitigen Verstehen und macht eine Neubewertung der Situation möglich.

Aktives Zuhören ist eine wichtige Grundkompetenz der Gesprächsführung. Führungskräfte müssen zuhören, zuhören, zuhören. Ein guter Zuhörer sein zu wollen, ist eine bewusste Entscheidung für den anderen. Aktives Zuhören ist ein Ausdruck von Wertschätzung und Respekt dem anderen gegenüber. Es beugt Missverständnissen vor und bringt Führungskräfte und Mitarbeiter einander näher. Höchste Zeit, die Kunst des offenen Ohres zu beherrschen und anzuwenden. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei!

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2 Kommentare

  1. Super Beitrag hab mir viele Infos rausholen können als Coach für meine Klettertreffen

    Antworten
  2. Sehr guter Artikel. Ich übe mich im aktiven Zuhören. Dazu gehört für mich auch, welches Gefühl steht hinter einer Aussage. Den Fokus auf mein Gegenüber zu richten, auf seine Bedürfnisse, ist auch im Marketing ein Thema: Push und Pull. Wie kann ich meinem Partner, Kunden helfen, das zu erreichen, was er will.

    Antworten

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