„Erfolg ist nicht endgültig, Misserfolg nicht tödlich: Was zählt, ist der Mut, weiterzumachen.“ – Winston Churchill
“Erfolg ist kein Besitz – er ist nur gemietet und jeden Tag ist die Miete fällig” – Hansi Flick
Es gibt kein „Ich habe es geschafft“ im Sport oder im Leben. Kein dauerhaftes Hochgefühl. Kein bleibendes Ziel. Daher: Lassen Sie sich nicht von Erfolg definieren.
Misserfolg ist nichts, wovor man Angst haben muss. Misserfolg gehört einfach dazu. Sie lernen nur.
„Es ist der Mut weiterzumachen, der zählt.“
Scheitern als Lernprozess
Scheitern ist ein vielschichtiges Konzept, das sowohl persönliche als auch gesellschaftliche Dimensionen umfasst.
Scheitern ist ein Lernprozess. Menschen können aus ihren Fehlern wachsen und neue, in einigen Fällen bessere Wege finden. Ein jüdisches Sprichwort lautet: „Fast jeder Erfolg ist begründet auf einer vorherigen Niederlage.“ Ohne Fehler würden wir nicht innehalten und prüfen, ob es alternative, sprich bessere Denk-, Verhaltens- und Herangehensweisen für unser Anliegen gibt. Fehler sind wie Leitplanken auf der Straße zum Erfolg. Sie lassen uns nicht vom Weg abkommen, sondern rütteln uns wach, wenn wir auf Abwege zu geraten drohen.
Psychologisch kann Scheitern emotionale Unsicherheiten oder Angst mit sich bringen, aber auch Resilienz fördern.
Viele erfolgreiche Persönlichkeiten haben Rückschläge erlebt, bevor sie ihre Ziele erreichten. In der modernen Gesellschaft wird leider Scheitern oft negativ bewertet. In meinen Augen ist es eine wertvolle Quelle für Innovation und persönliche Entwicklung.
Ein Beispiel dafür:
„Man baut auf dem Scheitern auf. Sie nutzen es als Sprungbrett. Schließe die Tür zur Vergangenheit. Du versuchst nicht, die Fehler zu vergessen, aber du hältst dich nicht damit auf. Du lässt es nicht zu, dass es etwas von deiner Energie, deiner Zeit oder deinem Raum hat.“ – Johnny Cash
Johnny Cash, einer der einflussreichsten und besten US-amerikanischen Country-, Westernsänger und Songschreiber, war nicht immer erfolgreich. Er hat viele Widrigkeiten durchlebt, viele Misserfolge.
Wie so häufig – bei der Frage „aufgeben“ oder „dranbleiben“ kommt es sehr auf den Einzelfall/Kontext an. Wer einmal mit einer (gegnerischen) Haftpflichtversicherung um mehrere hunderttausend Euros streitet oder gestritten hat, lernt das sehr schnell. Deren klare Strategie lautet: kleinkochen und mürbe machen. Oder deutsche Verwaltung“: das haben wir noch nie gemacht … Wer hier aufgibt, schadet sich selbst. Also – gut unterscheiden und vor allem gesund bleiben.
Was hindert uns am Aufgeben?
Ob frühes oder spätes Scheitern ist aus meiner Sicht zunächst zweitrangig. Entscheidend ist die Fähigkeit, den richtigen Zeitpunkt zu erkennen und eine Entscheidung neutral, mit klarem Blick auf Sinn, Wirkung und Ressourcen zu treffen.
Wir neigen kulturell dazu, oftmals zu lange durchzuhalten – aus Angst, aus Stolz oder weil „Aufgeben“ noch immer negativ behaftet ist. Vielleicht hält uns nicht nur die Angst vorm Aufgeben fest, sondern auch die tiefe Sehnsucht nach Sinn. Wir wollen, dass sich Einsatz lohnt, dass Schmerz Bedeutung hat, selbst wenn das Ziel längst toxisch geworden ist.
Spannend finde ich auch, wie sehr „Durchhalten“ mit Identität verknüpft ist. Aufzugeben heißt oft: Ich bin nicht mehr die Person, die ich dachte zu sein. Das macht verletzlich.
Darum braucht Aufgeben nicht nur Mut, sondern auch innere Reife und sich der Wahrheit zu stellen. Es ist ein kognitiver und emotionaler Akt. Erst wenn wir aufhören, Scheitern mit Wertlosigkeit oder „Ich bin ein Versager“ zu verknüpfen, kann Loslassen als Kompetenz begriffen werden. Nicht alles zu Ende bringen zu müssen, ist manchmal der Anfang von etwas viel Echterem und manchmal Besserem.
„Aufgeben“ ist das falsche Wort.
Aufgeben ist leider ein sehr negativer Ausdruck. Aufgeben klingt nach „Ich kann das nicht“ oder „Ich hab nicht genug Biss“.
Dabei geht’s hier nicht ums Aufgeben, sondern um Realismus. Darum, Dinge richtig einzuordnen, zu erkennen, wenn etwas keinen Sinn macht.
Und genau dann bewusst zu entscheiden, keine Kraft und Energie mehr reinzugeben. Das ist für mich kein Aufgeben – das ist eine sehr kluge Ressourcen-Steuerung.
Rückzug
Die alten Chinesen sagen kluger „Rückzug“ – ich spiele auf eines der berühmten 36 Strategeme aus der chinesischen Kriegs- und Lebensphilosophie an. Ein kluger Rückzug, wenn die Umstände es erfordern – also das Eingeständnis, dass man nicht jeden Kampf gewinnen muss, und dass Selbsterhaltung manchmal über Mut oder Stolz steht.
Man ziehst sich zurück, um nachzudenken, neue Kraft zu sammeln etc. Gesichtsverlust und ähnliche Themen interessieren nicht.
Relevante Differenzierung: Was genau wird aufgegeben – die Methode oder das Ziel an sich?
Während die Methode/der Weg sich als schlicht unbrauchbar erweisen kann und dann sofort fallen gelassen werden sollte, wurde das Ziel im besten Falle aus einer gründlichen Reflexion definiert und ist entsprechend geeignet, auch über Strapazen und Hindernisse hinweg verfolgt zu werden.
Einige meiner persönlichen Lieblingserfolge sind entstanden aus Beharrlichkeit bzgl. des Ziels bei gleichzeitigem – bisweilen raschem – Wandel der Herangehensweise und Methoden.
Klarheit über Erfolgs- und Abbruchkriterien
Beim Start eines Flugzeugs gibt es den Punkt, wo das Flugzeug in jedem Fall abheben muss – das ist klar definiert und begründet, da es sonst in jedem Fall zur Katastrophe kommt.
Vielen Unternehmenslenkern bzw. Führungskräften fehlt leider eine vergleichbare Objektivität oder sie werden nicht mit den notwendigen Daten und Informationen versorgt aus vielfältigen Gründen.
Zu jedem Projekt gehört die Klarheit über Erfolgs- und Abbruchkriterien vor dem Projektstart dokumentiert und während der Durchführung transparent geprüft – dann braucht auch keiner Angst zu haben, wenn der Fall der Fälle eintritt. Wichtig ist aber immer eine Lessons-learned Phase anzuschließen!
Fazit
Durchhalten kann die höchste Form von Selbstliebe sein. Aufgeben auch.
Aufgeben kann Souveränität sein. Manchmal ist aber Dranbleiben die notwendige Transformation. Und manchmal ist das Hinfallen der einzige Weg, überhaupt in Bewegung zu kommen.
Aufgeben darf nicht zu einer Art neuen Erfolgsstrategie verklärt werden. Das halte ich für sehr ineffektiv.
Innovation braucht Ausdauer.
Veränderung braucht Geduld.
Widerstandskraft entsteht durch Reibung – nicht durch Rückzug.
Wir brauchen keine Helden des Durchhaltens. Aber auch keine Verherrlichung des Aufgebens.
Was wir brauchen, ist Unterscheidungsfähigkeit. Und Führung, die beides kann: loslassen – und dranbleiben.
©Antje Heimsoeth
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Kommen Sie zu mir ins Coaching oder eine Mental Ausbildung. Ich erarbeite für Sie ein individuelles Konzept für Ihren Erfolg, Resilienz und Selbstvertrauen.
Literatur
Weiteres zum Thema Scheitern, Misserfolge und Fehler finden Sie in meinem Bestseller „Kopf gewinnt. Mit mentaler und emotionaler Stärke zu mehr Führungskompetenz“ (3. Auflage) von Antje Heimsoeth. Mehr über das Buch finden Sie hier: https://antje-heimsoeth.com/shop-buecher-und-mehr/buch-kopf-gewinnt-auflage-3/
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