Fußball EM 2016 – Was wir von den EM-Helden lernen können – Teil 2

Fußball EM 2016 - Was wir von den EM-Helden lernen koennen Antje Heimsoeth

Autor

Antje Heimsoeth

Datum

09. Jun 2016

Keynote Speakerin & Mental Coach Antje Heimsoeth im Interview,

geführt von Radioexperten.

Fußball ist ja ein Teamsport und ohne Zusammenhalt geht da gar nichts. Was können wir da von den Kickern lernen?

Ein gutes Team lebt von einem stabilen Gefüge, in dem jeder eine bestimmte Rolle hat, und der gemeinsamen Freude am Tun. Die mentale und emotionale Stärke eines Teams speist sich aus dieser Freude, aus gemeinsamen Erfolgen, aus dem Spaß miteinander. Ob im Fußball oder in der freien Wirtschaft: Wer mit seinem Team Erfolge einfahren will, tut gut daran, das Wir-Gefühl und die Motivation aller zu stärken.
Was unserer WM-Mannschaft mit Sicherheit geholfen hat, waren die Wohngemeinschaften, Schafkopf-Runden und andere gemeinsame Freizeitaktivitäten während der WM 2014. Je größer das Wir-Gefühl eines Teams, desto größer wird auch das Vertrauen, dass sich die Teammitglieder einander schenken. Um beim Fußball zu bleiben: Wenn ein Spieler einen Pass in den freien Raum gibt, um das Spiel voranzutreiben, muss er darauf vertrauen, dass seine Mitspieler loslaufen und den Ball erreichen, um daraus ein Tor zu machen. Geschieht dies schnell, präzise, sicher und alle Beteiligten erfüllen ihre Aufgaben, ist das Tor so gut wie geschossen.
Der erste Schritt, um das vorhandene Potenzial voll auszunutzen, ist das Vertrauen jedes Einzelnen in sich selbst, der Glaube an die eigene Leistungsfähigkeit. Der zweite Schritt ist der Aufbau gegenseitigen Vertrauens. So rasant wie Fußballspiele mittlerweile sind, so schnelllebig ist auch die Geschäftswelt geworden. Flexibilität und Schnelligkeit sind heute überall gefordert. Für Führungskräfte bedeutet das u.a., mehr zu delegieren, weniger zu kontrollieren, Verantwortung zu übertragen und aufs eigenverantwortliche Handeln der Mitarbeiter zu bauen. Das funktioniert, wenn es ein gemeinsames Bekenntnis von Chef und Team gibt: Ich vertraue darauf, dass jeder alles gibt, was er zu leisten im Stande ist, um das gemeinsam definierte Ziel zu erreichen.

Wir können also lernen, als Teammitglied unser Bestes zu geben, ohne daraus zu schlussfolgern, wir seien besser als der Rest der Mannschaft. In einem harmonischen Team schaut jeder, wer frei steht, wer anspielbar ist, wie eine gute Torchance herausgearbeitet werden kann. Es steht nicht der Einzelne im Fokus, sondern die ganze Mannschaft und das gemeinsame Ziel. Jedes Teammitglied ist wichtig für die Zielerreichung. Je besser jeder Einzelne seine Stärken dafür einsetzen kann, umso unschlagbarer wird ein Team. Es gilt, ob auf dem Rasen oder in Unternehmen, die vorhandenen Ressourcen des Einzelnen gezielt zu nutzen. Um es fußballerisch auszudrücken: Für den Sieg brauchen Sie ebenso gute Abwehrspieler wie kluge Strategen und starke Stürmer. Jedes Teammitglied sollte in der Lage sein, seinen Teil zum gemeinsamen Erfolg beitragen zu können. Chefs tun gut daran, stärkenorientiert zu führen statt nur nach Schwächen zu suchen und diese zu beheben. Das bedeutet: Passen Sie die Aufgaben den Menschen an. Wer seine Stärken einsetzen kann, geht mental gestärkt an Herausforderungen heran. Von dieser Selbstsicherheit profitiert die ganze Mannschaft. Wer sich seines Selbstwertes bewusst ist, der gerät weniger unter Druck in stressigen Situationen. Das Gefüge ist umso stabiler, je stärker die einzelnen Säulen sind.

Manche Mannschaften schlossen sich bei der WM 2014 nach dem Einlauf in einem Kreis zusammen und beschworen gemeinsam Siegesformeln, Brasiliens Kicker wurden stets mit einem A Capella-Chor ihrer Nationalhymne, gesungen von Tausenden Anhängern, begrüßt – Rituale wie diese geben einer Mannschaft Halt und signalisieren jedem: Wir sind ein Team! Rituale, also klar geregelte, gleichbleibende Handlungen, verleihen Sicherheit und schenken Kraft. Auch in der Wirtschaft lassen sich Rituale einsetzen, um ein Team vor einer gemeinsamen Herausforderung einzuschwören und die Motivation zu stärken, aber auch um erreichte Erfolge zu zelebrieren.
Feiern Sie Erfolge, indem Sie jeden Einzelnen des Teams durch ein Spalier laufen lassen, dass die anderen applaudierend bilden! Wie schon eingangs beschrieben: Solche Erfolgsbilder speichert das Gehirn ab, die damit verbundenen positiven Gefühle signalisieren: Davon will ich mehr! Das motiviert für weitere Erfolge.

Wie wichtig ist mentale Stärke für Erfolg und Gelingen?

Unsere innere Haltung gibt uns Orientierung und Stabilität im Leben. Sie ist der Ursprung unseres Handelns, Denkens und Fühlens. Sie prägt also sowohl unseren Zustand als auch unsere Performance. Mentale Stärke trägt erheblich zum Gelingen bei. Energie folgt den Gedanken. Wenn die Gedanken unbewusst schon in die richtige Richtung gehen, folgt auch die Energie dorthin. Sie können sich Ihr Unterbewusstsein wie die Festplatte eines Computers vorstellen. Ihre Gedanken, Worte und Bilder sind dort wie ein Programm abgespeichert. Diese Bio-Festplatte akzeptiert jede Information, die es erhält. Einzig unser Verstand entscheidet, was er glaubt und was nicht – je nach bereits einprogrammierten Lebenserfahrungen. Wenn unser Verstand etwas für wahr hält, selbst wenn es falsch ist, wird das Unterbewusstsein das als wahr akzeptieren und entsprechende Handlungen veranlassen. Fatalerweise gilt dies auch in solchen Fällen, wo der Verstand mit irrationalen, negativen Gedanken auf Situationen reagiert. Diese Gedanken beruhen auf tieferliegenden Glaubenssätzen oder Annahmen über uns, andere Menschen und Situationen. Wenn wir immer wieder das Gleiche denken, dann sind die Chancen sehr groß, dass Sie Recht haben und der Gedanke bzw. die Vorhersage zur Realität wird, sie werden zu sich „selbsterfüllenden Prophezeiungen“. Unsere Erwartungen beeinflussen unser Verhalten. Die negativen Selbstgespräche werden zur Realität. Dann verhindern unsere Gedanken sogar Erfolge.

Bin ich voller Selbstzweifel, unsicher, ängstlich oder pessimistisch, strahle ich das auch aus. Traue ich mir nichts zu, wird es auch ein anderer nicht tun. Je selbstsicherer und zuversichtlicher ich bin, desto mehr gewinne ich an Überzeugungskraft. Mein Umfeld traut mir mehr zu und vertraut mir. Das macht Erfolge möglich. Wer mental stark ist, kann sein Leistungsspektrum ungeachtet von Hindernissen und Störfaktoren voll ausschöpfen. Wer Zugang zu seinem Potenzial hat, kann seine Ressourcen für seine Zielerreichung nutzen. Wer mentale und emotionale Stärke aufbaut, reduziert Ängste und Zweifel, geht anders mit Scheitern und Niederlagen um, lernt aus Fehlern. Mit Hilfe mentaler Techniken lässt sich nicht nur das Leistungsvermögen steigern, sondern auch Lebensqualität, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Mentale Übungen helfen, sich auch in schwierigen Situationen konzentrieren zu können und Stress abzubauen. All das sind Faktoren, die wichtig für Erfolg und Gelingen sind.

Lesen Sie mehr dazu im FOCUS-Artikel „Lernen von unseren Weltmeistern“, 11 Erfolgsregeln, die von Focus zusammen mit mir herausgearbeitet worden sind.

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