Stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit einem potenziellen Kunden zusammen. Der Kunde hat Interesse an Ihrer Dienstleistung oder einem Produkt. Sie haben sich auf das Gespräch gut vorbereitet, die Website des Kunden besucht, Infomaterial des Kunden angefordert. Sie haben sauber den Nutzen Ihres Produktes oder Ihrer Dienstleistung schon im Vorfeld herausgearbeitet und Sie haben vielleicht sogar den Ausgang des Gesprächs visualisiert und sich vorgestellt, wie Sie zum Beispiel anschließend gemeinsam einen Cappuccino trinken gehen und sich über den Verkaufsabschluss freuen. Und: Es kommt doch nicht zum gewünschten Verkauf.
Kommt Ihnen das bekannt vor?
Wie oft sind wir schon nach Hause gefahren und Selbstzweifel haben sich gemeldet. Man geht das Gespräch von A bis Z durch und sucht nach den gemachten Fehlern. Wenn man sauer ist, dann schimpft man auf den Kunden und findet Gründe für das Scheitern des Gesprächs auf der anderen Seite. Was nun kann dazu geführt haben, dass vielleicht das Verkaufsgespräch nicht zum gewünschten Ergebnis geführt hat?
Machen Sie sich Ihren inneren Dialog vor, während und ruhig auch nach einem Verkaufsgespräch bewusst. Hilfreich ist, dass auch mal schriftlich zu machen. Hatten Sie vielleicht so Gedanken wie „Bin ich jetzt vielleicht dem Kunden lästig?“ oder „Ist unser Produkt für den Kunden zu teuer?“ „Deckt unsere Dienstleistung wirklich das Benötigte vom Kunden ab?“ „Bin ich nicht zu teuer?“ So eine Haltung und Einstellung kommt auf einer nonverbalen Ebene meist beim Kunden an. Sie kennen das vielleicht: Ein Verkäufer verkauft einen Passat, sagt aber selbst zu Dritten: „Ich würde mir nie selbst einen Passat kaufen.“ Er kann noch so gut und fit sein im Verkaufsgespräch, seine Verkaufszahlen werden immer deutlich schlechter sein, weil er nicht zum Produkt steht, das er verkauft. Ähnliches passiert, wenn wir im inneren Dialog uns selbst abwerten oder starke Selbstzweifel haben.
Zunächst ein kurzer Ausflug in die Neuroplastizität
Ein entscheidender Einschnitt in der Hirnforschung war die Entdeckung, dass das Gehirn die Eigenschaft hat, lebenslang bis ins hohe Alter seine neuronalen Strukturen fortlaufend zu verändern. Diese Eigenschaft nennt sich Neuroplastizität oder neuronale Plastizität. Das Prinzip der Neuroplastizität: Lernen ohne Ende. Für die Art und Weise der Veränderungen im Gehirn gilt: Je häufiger wir Nervenverbindungen benutzen, desto mehr stärken wir ihre Effektivität. Lernen wir etwas, vermehren sich die Verbindungen zwischen zwei Nervenzellen. Das geschieht, indem Gene in den Nervenzellen aktiviert werden, die weitere Proteine bilden, um neue Verbindungen zu formen. Sogenannte Neurotransmitter (von altgriech. „neuron“ = Sehne und lat. „transmittere“ = hinüber schicken, übertragen) übertragen an chemischen Synapsen die Erregung von einer Nervenzelle auf eine andere. Wir wissen nun, dass die Gedanken die Struktur unseres Gehirns verändern können, doch wie das genau funktioniert, ist noch nicht vollständig erforscht. Schätzungen zufolge besteht das menschliche Hirn aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen, die über schätzungsweise 100 Billionen Synapsen miteinander verbunden sind. Das ergibt eine schier unermessliche Zahl von Verknüpfungen, die Informationen weiterleiten können. Dieses Potenzial besteht bis in hohe Alter.
Vom neuronalen Trampelpfad zur neuronalen Autobahn
Werden neue Nervenzellenverbindungen regelmäßig benutzt, wachsen sie. Stellen Sie sich die Verstärkung von Nervenverbindungen wie das Trainieren eines Muskels vor. Wenn Sie regelmäßig im Fitness-Studio bestimmte Muskelgruppen trainieren, werden sie ausgeprägter und kräftiger. Das Gleiche geschieht mit häufig genutzten Nervenbahnen, sie verstärken sich. Auf diese Weise wird aus einem neuronalen Trampelpfad eine neuronale Autobahn (nach Franz Hütter). Ein Gedanke, eine Überzeugung oder eine Zielformulierung werden also umso mächtiger, je häufiger Sie deren mentalen Pfade beschreiten. Das bedeutet für neue angestrebte Muster, sie häufig abzurufen, um sie zu stärken. Gleichzeitig gilt für alte problematische Muster, die anfangs noch einer neuronalen Autobahn gleichen, sie zu Trampelpfaden verkümmern zu lassen, indem Sie sie nicht mehr abrufen. Wenn wir Muster ändern, ändert sich der neuronale Straßenatlas in unserem Kopf. Lösungs- und Ressourcenorientierung ergeben sich aus den Gesetzen der Neuroplastizität. Informationen sind im Gehirn in Form von neuronalen Netzen abgelegt. Der Entdecker der synaptischen Plastizität, der kanadische Psychologe Donald Olding Hebb, stellte eine Regel zum Zustandekommen des Lernens in neuronalen Netzwerken auf, bekannt als die Hebb‘schen Gesetze (Hebb, 1949):
1. Häufig genutzte Verknüpfungen werden verstärkt.
2. Selten genutzte Verknüpfungen werden geschwächt oder abgebaut.
Aus Antje Heimsoeth, „Chefsache Kopf. Mit mentaler und emotionaler Stärke zu mehr Führungs-kompetenz“, Springler Gabler Verlag, 2015.
Stärken stärken, Selbstvertrauen aufbauen
Aufgrund der Neuroplastizität ist es immens wichtig, dass Sie nicht nur über mögliche Dinge nachdenken, die passieren könnten oder über Ihre Schwächen, sondern dass Sie sich immer wieder aufrufen, was Sie können, worauf Sie stolz sind, wofür Sie schon Komplimente bekommen haben und erfolgreiche Verkaufsgespräche einsammeln, in Ihrem Kopf abspeichern und eventuell mit einem Bild verankern (Erinnerungshilfe).
Ein paar Tipps für mehr Selbstwert
Auf einer Skala von 0 bis 10 – 0 steht für kein Selbstwertgefühl, 10 steht für ein starkes, stabiles und gesundes Selbstwertgefühl – wie hoch ist Ihr Selbstwertgefühl. Bitte entscheiden Sie aus dem Bauch raus. Sie tun das für sich selbst.
Fragen Sie andere Personen aus Ihrem Umfeld, wie diese Ihren Selbstwert einschätzen.
Wie möchten Sie denn im Optimalfall von anderen im Verkaufsgespräch eingeschätzt werden? Wie möchten Sie wahrgenommen werden? Heute hat jemand im Webinar gefragt – und in dem Webinar ging es um Verkauf: Wie komme ich zum Abschluss, wenn mein Wettbewerber und ich genau dieselben Preise haben? Meine Antwort: Mit Hilfe Ihrer Persönlichkeit.
Die Macht der inneren Bilder
Visualisieren Sie, wie Sie genau sein wollen. Drehen Sie im Kopf einen Film mit Ihren gelungenen Verkaufsgesprächen. Tun Sie das möglichst detailliert und so, dass Emotionen in Ihrem inneren Raum sind.
Lebensmuseum
Googeln Sie auf YouTube das Lebensmuseum bzw. Museumstag-Video von John Strelecky. Das Buch dazu heißt „The Big Five For Life: Was wirklich zählt im Leben.“ In dem Film geht es um Folgendes: Stell dir vor, dein ganzes Leben würde aufgezeichnet , was würdest du dann gerne am Ende deines Lebens sehen wollen. Gelungene Verkaufsabschlüsse oder immer wieder von Selbstzweifeln geprägte Verkaufsgespräche, die dann immer öfter auch mal ohne Verkaufsabschluss endeten?
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg im Verkauf und Vertrieb. Lieben Sie das, was Sie tun, wenn nicht, dann suchen Sie sich bitte eine andere Betätigung.
Ihre Antje Heimsoeth
Antje Heimsoeth
Ihre berufliche Laufbahn begann Sie als Geodätin. Heute gehört Sie als Expertin für Mentale Stärke, Motivation, Mut, Selbstführung und Spitzenleistungen und siebenfache Buchautorin zu den bekanntesten Mental Coaches im deutschsprachigen Raum. Sie wurde als „Vortragsrednerin des Jahres 2014“ und Top 100 Erfolgstrainer ausgezeichnet. Bei Managern und Medien gilt sie als „renommierteste Motivationstrainerin Deutschlands“ (FOCUS). Weltweit tätig. Infos unter www.heimsoeth-academy.com, www.antje-heimsoeth.com
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