Gesund führen schafft ein gutes Arbeitsklima und motivierte Mitarbeitende

Gesund führen schafft ein gutes Arbeitsklima und motivierte Mitarbeitende - Antje Heimsoeth

Autor

Antje Heimsoeth

Datum

08. Jan 2020

Mehr als 80 % der Erwerbstätigen in Deutschland ist es am wichtigsten, dass sie sich bei der Arbeit wohlfühlen. Das ergab eine Umfrage des infas Institut im Auftrag der ZEIT quer durch alle Berufsgruppen mit 1.000 Befragten im Dezember 2018. 74% ist es zudem wichtig, dass sie Vorgesetzte haben, die sie dabei unterstützen, sich weiterzuentwickeln – aber weniger als die Hälfte (45%) erlebt dies tatsächlich zufriedenstellend in ihrem Arbeitsalltag. Anerkennung und Wertschätzung für erbrachte Leistung steht bei 68% der Befragten ebenfalls ganz oben auf der Wunschliste, doch nur gut die Hälfte (54%) erhalten diese auch ausreichend. Was mancher vielleicht achselzuckend mit „Jammern auf hohem Niveau“ quittiert, sollte tatsächlich nicht unterschätzt werden. Denn eine hohe Leistungsanforderung bei geringer Wertschätzung oder geringe soziale Unterstützung zählen zu den Risikofaktoren für psychische Arbeitsbelastungen – und leisten damit mangelnder Produktivität und drohender Arbeitsunfähigkeit Vorschub. Die Initiative Gesund und Arbeit (iga) hat 2016 untersucht, welche Arbeitsumstände negativ wirken und zu Erkrankungen führen können. Neun Risikofaktoren kamen dabei heraus, darunter auch geringer Handlungsspielraum, hohe Arbeitsintensität und Rollenstress. Besonders signifikant sei das Risikopotenzial des sogenannten Job Strain: hohe Arbeitsintensität kombiniert mit geringem Handlungsspielraum. Was diese Erkenntnisse vor allem deutlich machen? Führungskräfte kommt in unserer Arbeitswelt, geprägt von Veränderungen, Komplexität, permanentem Wandel und steigenden Anforderungen, eine entscheidende Rolle zu. Sie müssen ihr Team nicht nur gut, sondern gesund führen. Gemessen an den Umfrageergebnissen, die auch der alljährliche Gallup Index immer wieder bestätigt, sind Führungskräfte ein zentraler Einflussfaktor für die Gesundheit der Mitarbeitenden. Gesund führen ist demnach mehr als ein aktuelles Schlagwort. Gesund führen ist eine Direktive für die Produktivität und Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens.

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Gesund führen bedeutet keinen Kuschelkurs

Arbeitsunzufriedenheit setzt sich aus externen und internen Faktoren zusammen. Gesund führen heißt keinesfalls, fortan nur noch den Kuschelkurs für Mitarbeitende zu fahren, der sämtliche Wünsche berücksichtigt. Gesund führen heißt vielmehr, Bedürfnisse von Mitarbeitenden zu erkennen und bei der Delegation von Aufgaben nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Unzufriedene Menschen schieben die Ursachen für ihre Unzufriedenheit am Arbeitsplatz gerne auf Vorgesetzte und beteiligte Führungskräfte. Dabei liegt die Ursache deutlich öfter in der eigenen Natur des Mitarbeitenden, in seiner oder ihrer Persönlichkeitsstruktur begründet, als im Vorgehen des Chefs. Manchen Menschen kann man es einfach nie recht machen. Sie suchen akribisch nach Fehlern und Schwächen des Vorgesetzten und nähren damit ihre negative Sichtweise auf die Situation. Solche Unzufriedenheit ist der inneren Haltung des Mitarbeitenden geschuldet. Aber oft lässt sich durch gesundes Führen erheblich dazu beitragen, dass die Zufriedenheit bei den Mitarbeitenden jenseits der notorischen Nörgler steigt.

Gesund führen heißt sich selbst und andere zu erkennen

Gesund führen zu können setzt die Fähigkeit der Selbstreflexion bei den Führungskräften voraus: Wie denke ich über mich und andere? Wie verhalte ich mich in bestimmten Situationen gegenüber anderen? Aus welchen Motiven heraus handele ich? Was ist mir wichtig, worauf lege ich Wert? Wenn ich als Führungskraft die Bedürfnisse meiner Mitarbeitenden erkennen und berücksichtigen will, muss ich wissen, was meine eigenen Bedürfnisse sind und wie sie sich in Einklang bringen lassen mit denen anderer. Am gewinnbringendsten ist Zusammenarbeit nämlich in der Regel dann, wenn niemand gegen seine Bedürfnisse und Werte handeln muss, sondern Befriedigung durch sein Tun erfährt – oder sie bei anderen durch seine Direktiven erzeugt. Der Google-Ingenieur Chade-Meng Tan hat 2007 zusammen mit Wissenschaftlern das achtsamkeitsbasierte Führungskräfteprogramm „Search inside yourself“ entwickelt, das die Quelle für Arbeitszufriedenheit in diesem Bewusstsein sieht. Meng sagt über das Programm: „Es wird die Bewusstheit über sich selbst in einer Weise vertieft, die Selbstwertgefühle stärkt. Empathie und Mitgefühl werden Teil einer herausragenden Unternehmensleitung, sowie höchst produktive Zusammenarbeit, die auf Vertrauen und durchschaubarer Kommunikation basiert.“ (Quelle: DFME).

Gesund führen heißt klar zu kommunizieren, nachvollziehbar zu handeln und sich wertschätzend zu verhalten

Ein wertschätzender, empathischer Umgang, Fairness und Transparenz sind Schlüsselkriterien für empfundene Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Häufig vermissen Mitarbeitende Transparenz in ihrem Unternehmen. Gerade in größeren Unternehmen wird zu wenig miteinander geredet, zudem sinkt bei vielen Menschen die Empathie bei steigendem Stresslevel. Umso wichtiger ist es dann, durch gesundes Führen gegenzusteuern und für ein gutes Betriebsklima zu sorgen, z.B. durch:

  • eine auch nach außen erkennbare positive Grundhaltung als Führungskraft, nämlich durch den Einsatz von positiver Sprache, Lächeln und aufrechter Körperhaltung
  • das regelmäßige Fördern der gegenseitigen Unterstützung, des Wir-Gefühls im Team und der Identifikation mit dem Unternehmen, z.B. mit Ritualen, Events, Auszeichnungen, gemeinsamen Runden etc.
  • das frühe Erkennen von Belastungen bei Mitarbeitenden – und die offene Ansprache des Wahrgenommenen sowie daraus resultierende Sofortmaßnahmen zur Entlastung
  • Wertschätzung und Anerkennung der erbrachten Leistungen von Mitarbeitenden, die nicht nur nach dem Gießkannen-Prinzip als Pauschallob fürs Team erfolgt, sondern die individuelle Leistung des Einzelnen berücksichtigt und würdigt
  • Gelassenheit, wenn die Wogen hoch schlagen, z.B. indem man nicht sofort auf E-Mails reagiert, auch wenn der Inhalt wütend macht, oder ruhig bleibt, wenn Mitarbeitende harsche Kritik üben und sich im Ton vergreifen
  • die Konzentration auf die Stärken des einzelnen Mitarbeitenden, nicht auf ihre oder seine Schwächen, mit dem Effekt, vorhandene Potentiale mit passenden Aufgaben auszuschöpfen, gewinnbringend fürs Unternehmen zu nutzen und gleichzeitig Befriedigung beim Mitarbeitenden zu erzeugen
  • ein klares Konfliktmanagement, indem die Führungskraft bei Meinungsverschiedenheiten deeskalierend eingreift und für einen respektvollen, sachlichen Umgang sorgt und zwischen den streitenden Parteien vermittelt

Schon gewusst? Ein gutes Arbeitsklima zählt laut einer Umfrage der London School of Economics unter mehr als 20.000 Menschen in ganz Europa zu den wichtigsten Gründen, warum Arbeit glücklich macht. Das Forscherteam fand heraus: Wer sich mit seinen Kollegen und Kolleginnen gut versteht und Hilfsbereitschaft erfährt, ist nicht nur besser gelaunt, sondern mit seinem Leben insgesamt zufriedener.

Gesund führen heißt auch gesundheitsfördernde Angebote zu machen

Gesundheitsprävention bzw. betriebliche Gesundheitsförderung gehört mittlerweile in vielen größeren Unternehmen zum Standard. Arbeitgeber können durch eine entsprechende Unternehmenskultur und verschiedenste Mitmach-Angebote ihre Mitarbeitenden dabei unterstützen, gesund zu bleiben und resilienter zu werden. Das fängt bei A wie Achtsamkeit an und hört bei Z wie Zeitmanagement auf. Ob Schulungen zum Onlineverhalten, zum Umgang mit Stress, zum Aufbau mentaler Stärke, zu gesunder Ernährung, Progressiver Muskelentspannung (PME) oder Yoga – es gibt viele Wege, die Mitarbeitenden helfen, gesund zu leben und zu arbeiten. Die Vorbildfunktion von Vorgesetzten ist hier nicht zu unterschätzen: Wenn die Führungskraft einen guten Umgang mit Stress vorlebt oder Achtsamkeit täglich selbst praktiziert, dann hat das auf Mitarbeitende durchaus einen Effekt der Nachahmung. Gesund führen heißt auch ein gesundes Vorbild abzugeben. Denn Authentizität bedeutet Glaubwürdigkeit. Und Glaubwürdigkeit ist die Voraussetzung für Akzeptanz. Und wer von seinen Mitarbeitenden akzeptiert und anerkannt wird, hat beste Chancen, Gehör und Gefolgschaft zu finden. Im Idealfall für eine gesunde Selbstführung.

© Ihre Antje Heimsoeth

Offenes Seminar „Gesundes führen“: https://www.heimsoeth-academy.com/mental/gesund-fuehren/
Vortrag „Gesundes führen“: https://antje-heimsoeth.com/vortrag-gesundes-fuehren/
Vortrag „Mentale Gesundheit“: https://antje-heimsoeth.com/vortrag-mentale-gesundheit/

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