Krisen, Krieg, Kostenexplosion – von der alltäglichen Kunst, in der Balance zu bleiben
Wir leben in sehr bewegten, unsicheren Zeiten. Nahezu täglich erschüttern uns neue Hiobsbotschaften und düstere Prognosen. Das nagt an dem Sicherheitsbedürfnis und an der Stabilität vieler Menschen. Sichergeglaubtes wird fragwürdig, neue Herausforderungen rütteln an der Standfestigkeit. Es ist nicht einfach, in solchen Zeiten in Balance zu bleiben. Der Druck ist spürbar – politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Und er sorgt mitunter dafür, dass wir in Schieflage geraten – nicht nur finanziell, sondern vor allem emotional und mental. Permanent in der eigenen Mitte zu bleiben, dürfte den wenigsten von uns gelingen, auch nicht in entspannteren Zeiten. Ob es der Jobverlust, eine Trennung, der Tod eines geliebten Menschen oder eine schwere Krankheit ist, es gibt Ereignisse jenseits von Inflation, Rezession, Krieg und Krisen, die uns aus unserer Mitte bringen.
Beziehungen helfen, Balance zu wahren
Als Business– und Mental Coach frage ich Menschen nach der Skalierung ihres Gleichgewichts: Wie gut bist du gerade in deinem Gleichgewicht auf einer Skala von 0 bis 10? Null bedeutet „Gar nicht“ und 10 „Voll und ganz“. Daran schließt sich die Frage an: Wie gut gelingt es dir, deine Balance im Leben zu finden? Dazu gehört auch, sich zu fragen, wie viel man in seine verschiedenen Lebensbereiche investiert, also in den Beruf, in die körperliche Gesundheit, in die mentale Gesundheit, in Beziehungen? Fußballtrainer Jürgen Klopp sagt: „Ich möchte mit den Leuten, mit denen ich zusammenarbeite, eine Beziehung haben, ein Verhältnis. Es gibt Zigtausend Trainer, die viel erfolgreicher waren als ich. Die sammeln Titel und ich sammele Beziehungen.“ (Quelle: Sport 1). Genau darum geht es. Beziehungen zu führen und zu pflegen ist die beste Burnout-Prävention. Wie viel investieren Sie in Win-win, also darin, gleichzeitig etwas zu bekommen und zurückzugeben? Menschen nehmen sehr gerne, aber bedenken selten den Win-win-Effekt. Das hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern ist wichtig, um ein gesundes, ausgeglichenes, bereicherndes Leben führen zu können. Vielleicht lehren uns die aktuellen Krisen, stärker ins gegenseitige Nehmen und Geben zu investieren, weil Solotrips nicht mehr weit tragen?
10 Life & Mental Hacks, wie Sie die Balance halten:
1. Prüfen Sie, womit Sie Ihre Zeit verbringen: Gerade erzählte mir ein Freund, er müsse noch schnell etwas für seinen Freund transportieren. Ich fragte ihn: „Musst du das wirklich?“ und er antwortete: „Ja, ich kann nicht „Nein“ sagen.“ Er „muss“ natürlich gar nicht. Sein Freund weilt gerade in den Bergen und lässt es sich gut gehen. Weil niemand da ist, der seine Ware von einem Ort zum anderen fährt, „muss“ es jetzt mein Freund machen. Auf Kosten seiner Gesundheit, denn er hat gerade selbst sehr viel um die Ohren. Doch diese Situation hat er selbst geschaffen, weil es ihm nicht gelingt, sich abzugrenzen und auf die eigenen Bedürfnisse achtzugeben. Balance bedeutet also auch, den eigenen Zeit- und Energiehaushalt gut auszutarieren und sich nicht immer für alles und jeden zuständig zu fühlen.
2. Achten Sie auf ausreichend Schlaf: Wer mehr schläft, bleibt leichter in der Balance. Mediziner der US-amerikanischen Stanford University ließen Basketballspieler über Wochen jede Nacht mindestens acht Stunden schlafen. Bei anschließenden Leistungstests waren die Spieler besser als je zuvor: sie waren bei Würfen präziser, reaktions- und sprintschneller. In der Ruhe liegt die Kraft – und die innere Mitte. Menschen brauchen Ruhe. Unser Gehirn hat ein physiologisch messbares Ruhebedürfnis, wir brauchen mentale Auszeiten. Ausreichender Schlaf ist eine Grundvoraussetzung für Stabilität.
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3. Nehmen Sie sich Zeit zur Selbstreflexion: Es geht hier für mich nicht um Selbstoptimierung, sondern um Selbstverbesserung. Es ist sinnvoll, sich Dinge bewusst zu machen, Reaktions- und Verhaltensmuster, Denkmuster oder Denkfallen und Wechselwirkungen in der Interaktion mit anderen zu verstehen. Die Reflektion darüber hilft, manches, dass wir als Bedrohung unserer Balance wahrgenommen hatten, zurechtzurücken. Und sich an dieser Stelle vielleicht auch zu fragen: Wie kann ich selbst positiven Einfluss auf die Welt nehmen? Wie kann mein Beitrag aussehen?
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4. Übernehmen Sie Verantwortung: Es ist leicht, mit dem Finger Richtung Regierung zu deuten und das x-te Entlastungspaket zu fordern oder sich in Schuldzuweisungen zu üben. Doch das hindert uns am Handeln und ist in der Regel nicht zielführend. Während wir auf politische Entscheidungen nur bedingt Einfluss nehmen können, liegt unser eigenes Leben vollständig in unserer Hand. Entwickeln Sie Strategien, wie Sie den aktuellen Herausforderungen im Alltag begegnen. Akzeptieren Sie die Tatsache, dass die nächsten Jahre schlechter werden, als wir es gewohnt sind. Es geht nicht mehr höher, schneller, schicker, weiter – jedenfalls für die Mehrheit von uns –, sondern wir erleben eine Zäsur. Das zu akzeptieren, dient der Resilienz. Ins Jammern zu fallen, hingegen einer Depression. Und depressive Menschen tun sich schwer damit, Herausforderungen zu bewältigen.
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5. Analysieren Sie Ihre Hürden auf dem Weg zu mehr Balance: Schreiben Sie auf, was Sie zurzeit daran hindert, mehr Balance im Leben zu finden. Überlegen Sie sich, wie Sie mit diesen „Hindernissen“ und Blockaden künftig umgehen können, so dass sie nicht länger gefühlt ein „Hindernis“ sind. Keine Frage, dazu gehören sicher auch externe Faktoren, die Sie nur bedingt beeinflussen können, aber auch hier gilt es, zu schauen, ob sich Unterstützung aus dem Umfeld generieren lässt oder bestimmte Termine unnötig sind.
6. Betreiben Sie Nachrichtenhygiene: Eben weil die Nachrichten aus dem In- und Ausland zurzeit oft negativer Natur sind und uns deshalb in Unruhe versetzen, hilft es, sie reduziert zu konsumieren und der Flut negativer Meldungen bewusst Einhalt zu gebieten. Hören, lesen oder schauen Sie Nachrichten nur noch einmal täglich oder seltener. Checken Sie nicht fortlaufend Ihre Messengerdienste auf dem Handy, stellen Sie die Benachrichtigungen stumm und achten Sie auch in Gesprächen mit Mitmenschen darauf, dass sich nicht alles um Krisen, Kriege und Kosten dreht. Denn das bringt Sie immer wieder aufs Neue aus dem inneren Gleichgewicht.
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7. Fördern Sie Ihr inneres Gleichgewicht: Sei es Yoga, Achtsamkeitstraining, Meditation oder Bewegung in der Natur – jeder von uns hat eigene Vorlieben, die ihm beim Innehalten helfen. Die größte Bedrohung für unsere innere Haltung sitzt indes in unserem Kopf. Unser Mindset, unsere Erwartungen an uns selbst und andere, unsere Glaubenssätze und Überzeugungen hindern uns nämlich allzu oft daran, sich von der guten Seite zu zeigen und im Gleichgewicht zu sein. Üben Sie sich in der Gedankenstopp-Technik und lassen Sie destruktive Gedanken los. Machen Sie sich bewusst: Gedanken sind keine Fakten. Wandeln Sie negative Gedanken bewusst in unterstützende um. Und formulieren Sie positive Selbstinstruktionen, sogenannte Affirmationen.
8. Seien Sie mit sich selbst ehrlich: Was dabei hilft, ist das Führen eines Tagebuchs. Nicht alles an einem Tag läuft schlecht. Dokumentieren Sie so ehrlich wie möglich, was Ihren Tag ausgemacht hat – sowohl Ärgernisse als auch positive Begegnungen, ein geschenktes Lächeln, ein Sonnenstrahl im Gesicht auf dem Weg nach Hause etc. Führen Sie sich vor Augen, wofür Sie dankbar sein können, reflektieren Sie, was Sie beim nächsten Mal anders, vielleicht besser machen können und akzeptieren Sie sich in Ihrem Tun. Das bedeutet, sich manchmal auch mit einem schlechten Tag zu begnügen, ohne in Selbstzweifel und das Gefühl, nicht gut genug zu sein, zu verfallen. In der Balance zu sein, bedeutet auch, gut genug zu sein.
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9. Bauen Sie sich ein unterstützendes Umfeld auf: Pflegen Sie Kontakte zu Menschen, mit denen Sie gut reden können und die Sie so akzeptieren, wie Sie sind. Kurz gesagt: Menschen, die Ihnen guttun. Verzichten Sie hingegen auf Energievampire (Video Energievampire >>), also Menschen, die Ihnen Energie entziehen und Kraft kosten, aber Ihnen nie etwas davon zurückgeben. Auch für die Familie gilt: Qualität vor Quantität. Es ist nicht so entscheidend, wie viel Zeit man miteinander verbringt, sondern auf welche Art und Weise man sie miteinander verbringt.
10. Fokussieren Sie sich aufs Hier und Jetzt: Auch wenn bedrohliche Szenarien von Presse und Politik am Horizont skizziert werden, nützt es nichts, sich vor der Zukunft zu fürchten. Denn das lähmt und raubt uns die Zuversicht. Konzentrieren Sie sich auf die Gegenwart, auf Ihr Tun an diesem Tag. Das Einzige, was wir wirklich beeinflussen können, ist unsere Gegenwart. Sie bleiben besser in der Balance, wenn Sie sich darauf konzentrieren statt sich vor Dingen zu fürchten, die nur bedingt in Ihrem Einflussbereich liegen.
Wer ist der wichtigste Mensch in Ihrem Leben? Sie selbst! Sie kennen es sicher von einer Flugreise: Werden wir ins richtige Handeln für Notfälle eingewiesen, gehört zu den ersten Anordnungen, zuerst sich selbst die Sauerstoffmaske aufzusetzen und erst dann den Sitznachbarn dabei zu helfen. Andernfalls sind wir selbst im Falle eines Sauerstoffmangels bereits ohnmächtig und können niemandem mehr helfen. Mit dem Balancemangel ist es nichts anderes: Achten Sie darauf, gut für sich selbst zu sorgen – mit Achtsamkeit und Aufmerksamkeit, mit Selbstwertschätzung und Wohlwollen, mit Selbstrespekt und Rücksichtnahme – bevor Sie andere versorgen. Das Wahren oder Wiedererlangen der Balance ist Ihr Schlüssel zu mentaler Gesundheit. Machen Sie sich deshalb regelmäßig bewusst, wo und womit Sie seelische Ausgeglichenheit finden. Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen dabei!
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© Ihre Antje Heimsoeth
Meine Angebote für Ihre Mentale Gesundheit: Gesundheitscoaching
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Antje Heimsoeth – Ihre berufliche Laufbahn begann Sie als Geodätin. Heute gehört Sie als Expertin für Mentale Stärke, Motivation, Leadership, Veränderung, Selbstführung und Spitzenleistungen und zwölffache Buchautorin (Ihre Bücher finden Sie hier >>) zu den bekanntesten und einflussreichsten Mental Coaches im gesamten deutschsprachigen Raum. Sie wurde als „Vortragsrednerin des Jahres 2014“ und 2021, mit dem Award „Erfolgreiche Unternehmerin 2016“ und in 2017 mit TOP 100 Erfolgstrainer (durch das Magazin ERFOLG) ausgezeichnet. Bei Managern und Medien gilt sie als „renommierteste Motivationstrainerin Deutschlands“ (FOCUS).
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