Fußball WM 2018: Was können wir aus dem Scheitern der Nationalelf lernen?

Fußball-WM 2018: Was können wir aus dem Scheitern der Nationalelf lernen? - Antje Heimsoeth

Autor

Antje Heimsoeth

Datum

29. Jun 2018

Kategorien

Mit einem 0:2 endete schlagartig die Fußballeuphorie im Land. WM-Aus in der Vorrunde. Das Scheitern führt eines deutlich vor Augen: Ein Großteil des Erfolgs während der Fußball-WM wird mit dem Kopf statt mit den Füßen entschieden. Wer als Mannschaft in Moskau im Finale stehen wird, das hängt längst nicht nur von der körperlichen Verfassung, Technik und Taktik der Spieler ab. Das sind zwar Grundvoraussetzungen für den Sieg, die mentale und emotionale Stärke jedes Einzelnen, die Lust auf Gewinnen statt Angst vor Versagen, Wille, Leidenschaft, Begeisterung und der Teamspirit, -zusammenhalt und die Interaktionen im Team sind entscheidende Faktoren für das Erreichen des WM-Finales. Die innere Haltung ist eine mitentscheidende Schlüsselqualifikation auf dem Weg zum Sieg. Und diese Haltung, so scheint es, war eine der Schwachstellen bei der deutschen Nationalelf. Mit einer historischen Niederlage im Gepäck ist sie zurückgekehrt. Zeit zur Analyse, zur Verarbeitung und zur Neuausrichtung. Und manche Erkenntnis lässt sich schon jetzt auch für die Spielmacher jenseits des grünen Rasens aus der Performance der Deutschen schöpfen:

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Fußball WM 2018 – Mangeleffekt Mentale Stärke: Störfeuerwerk im Vorfeld der Herausforderung

Bereits vor Turnierbeginn war die mentale Belastung für die Mannschaft hoch. Zwei ihrer Kameraden, Mesut Özil und Ilkay Gündogan, standen öffentlich in der Kritik wegen ihres Fotos mit dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan. Der Unmut der Fans darüber äußerte sich bei den Test-Spielen durch lautstarke Pfiffe und Buh-Rufe, wenn Özil oder Gündogan in Aktion traten – und wurde damit zur Belastung für die ganze Mannschaft. Umso wichtiger wäre es für die Performance unserer Nationalelf gewesen, dass die vehemente Kritik aufhört. Denn die negativen Reaktionen der Öffentlichkeit beeinflussten vermutlich unterschwellig die Leistung der beiden Spieler und damit auch die Leistung des Teams. Fakt ist: Eine ganze Nation wünschte sich die Bestätigung des WM-Titels und Bundestrainer Joachim Löw hatte sich trotz der umstrittenen Sympathiebekundung der beiden türkischstämmigen Spieler dafür entschieden, sie bei der WM einzusetzen. Das hätte von allen während der Dauer des Turniereinsatzes akzeptiert werden sollen, um bestmögliche Bedingungen für die Spieler zu schaffen. Jede massive Kritik wirkte stattdessen wie ein Störfeuer auf die Konzentration der Spieler.

Fußball WM 2018 – Tipp für Spielmacher:

Wem es schwerfällt, in einer herausfordernden Situation ein umstrittenes, belastendes Thema zu beerdigen, mit dem sollte eine Vereinbarung getroffen werden. Während der intensiven Phase wird das Thema nicht weiter angefasst. Nach der Herausforderung befassen sich die Betroffenen mit dem Thema, unter Beachtung bestimmter Regeln wohlgemerkt, nicht in blinder Empörung. Und dann wird gemeinsam eine Entscheidung in dieser Sache getroffen, die für alle verbindlich ist.

Fußball WM 2018 – Mangeleffekt Mentale Stärke: Schlechtes Klima im Umfeld

Im Vorfeld der WM war die Stimmung in Deutschland noch eher verhalten im Vergleich zu 2014 und den Jahren davor. Es mangelte an Vorfreude und Begeisterung für das anstehende Turnier. Vielmehr wurden Schwachpunkte ins Visier genommen wie eben die Erdogan-Begegnung oder die lange Verletzungsphase von Torhüter Manuel Neuer. Auch als der Bundestrainer verkündete, Leroy Sané nicht in den Kader aufzunehmen, gab es öffentliche Schelte. Vorherrschender Optimismus? Fehlanzeige. All das kann sich auch mental auf die Mannschaft auswirken. Das medial geschürte Gefühl der Verunsicherung überträgt sich auf einzelne Spieler, schürt Zweifel, weckt Ängste. Das ist für die Phase der Vorbereitung und unmittelbar vor Turnierbeginn kontraproduktiv.

Und was geschah unmittelbar nach dem Ausscheiden? Die öffentliche Häme und Herabsetzung ergoss sich sintflutartig über Mannschaft und Trainer. In den sozialen Medien wurden sie aufs Übelste beschimpft. Statt kritischer Auseinandersetzung folgte große Prügel. Erschreckend in Ton und Stil. Für manchen Personaler und Chef dürften die Posts von Mitarbeitern und Führungskräften durchaus lesenswert gewesen sein – lässt die Art der Kritik doch durchaus Rückschlüsse auf die Umgangsweisen auch in anderen Bereichen zu. Dabei sollte über eines Klarheit herrschen: Der deutschen Nationalelf ist es in den vergangenen zwölf Jahren gelungen, bei großen Turnieren immer bis ins Halbfinale zu kommen. Das ist eine kontinuierliche Leistung, die es wertzuschätzen gilt. Das 7:1 gegen Brasilien bei der WM 2014 ist historisch, aber es generiert keine Garantie für Siege. Erfolgsverwöhnte Erwartungen können nicht nur den Blick trüben, sondern auch die Grundstimmung.

Fußball WM 2018 – Tipp für Spielmacher:

Der Umgang mit Fehlern, mit Schwächen und mit Niederlagen hat große Auswirkungen auf die Performance des Teams. Sie haben es in der Hand, ob Ihre Mannschaft und das Umfeld mit schwierigen Situationen konstruktiv und nach vorne gerichtet umgehen, oder eben nicht.

Gerade beim Umgang mit Misserfolgen gilt: Trennen Sie Sache von der Person! Kochen Sie die Emotionen zunächst herunter. Und wissen Sie bitte nicht einfach alles besser. Fakt ist: Hätte die Nationalelf gewonnen, wäre Bundestrainer Joachim Löw öffentlich ein Held gewesen. Nun, nach der Niederlage, hätten es viele – ca. 80 Millionen selbsternannte „Bundestrainer“ – natürlich besser gewusst. Diese Selbstüberhöhung dient niemandem, erst recht nicht einer erfolgreichen Bewältigung des Misserfolgs.

Fußball WM 2018 – Mangeleffekt Mentale Stärke: Arbeitsplatz ohne Ambiente und Anschluss

Wir erinnern uns noch an die WM in Brasilien und die idyllische Mannschaftsunterkunft in Campo Bahia mit einzelnen Wohngemeinschaften und jeder Menge Spaß. Brasilianisches Lebensgefühl, das die Mannschaft offensichtlich zu Höchstleistungen beflügelte. 2018 war auch in dieser Hinsicht anders. Das Team wohnte in einem Hotel mit dem Charme eines Betonbunkers im Stile eines Landschulheims. Wohngemeinschaften sah diese Unterkunft nicht vor. Statt an der gefälligen Küste von Sotschi lag das Quartier bei Moskau, damit die Wege im späteren Turnierverlauf kurz würden. Zum Sonnen setzte sich Torhüter Marc-André ter Stegen mit einem Klappstuhl auf den Hotelparkplatz. Wohlfühlambiente sieht anders aus. Umgebung und Unterbringung tragen zum Befinden bei – und erzeugen positive oder negative Gefühle, Ent- oder Anspannung. Kurz: Sie sorgen mit dafür, ob wir unseren Job gern machen oder nur unsere Pflicht erfüllen.

Fußball WM 2018 – Tipp für Spielmacher:

Sorgen Sie für eine Arbeitsumgebung, die einlädt statt abschreckt. Eine Umgebung, die nicht für Abschottung untereinander sorgt, sondern Raum für regelmäßige Begegnungen und Teambuilding schafft. Die den Arbeitseinsatz mit netten Incentives wie z.B. Kickertisch oder Lounge, mit Saftbars oder Massageliegen belohnt. Und zwar nicht lieblos in die Ecke gerückt, sondern einladend in die Einrichtung integriert. Damit zeigen Sie Ihren Mitarbeitern: Ich schätze deine Leistung wert und möchte, dass du dich wohlfühlst.


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Fußball WM 2018 – Mangeleffekt Mentale Stärke: Grüppchenbildung statt Einheit

Erfolgreiches Teambuilding lässt sich auf eine einfache Formel bringen: 1+1 = 3. Das Team ist abhängig von der Leistungsfähigkeit jedes Einzelnen. Die Stärke eines Teams erwächst aus der Stärke jedes einzelnen Mitglieds, doch die Summe der stärksten Einzelspieler ergibt nicht automatisch das stärkste Team. Wenn die Charaktere nicht zusammenpassen, Altgediente und Neuzugänge einander nicht offen begegnen, die Kommunikation und Kooperation nicht stimmt, dann steht trotz bester Einzelspieler eben nicht das beste Team auf dem Platz. Es ist eine große Herausforderung für Führungskräfte, den richtigen Mix an Mitarbeitern zu finden. Quertreiber, die eher ihr Eigeninteresse als gemeinsame Ziele verfolgen, gehören nicht ins Team, wenn es gilt, herausfordernde Situationen zu bewältigen. In der Presse war von mehreren Gruppen innerhalb des Teams zu lesen, vom „Bayernblock“ und „Bling-Bling-Gruppe“. Zudem gab es neun ältere Spieler mit WM-Titel im Gepäck und die „Jungen“, für die die Teilnahme an der WM der größte Auftritt ihrer bisherigen Karriere darstellte. Das Team mutete denn auch nach außen nicht als eingeschworene Einheit an. Während in Brasilien „Die Mannschaft“ zum geflügelten Wort wurde, fehlte der Elf bei dieser WM offensichtlich eine gemeinsame Identität. Mangelnde Identifikation wirkt sich dann auch auf dem Platz, sprich bei der Arbeit, aus.

Fußball WM 2018 – Tipp für Spielmacher:

Als Führungskraft können Sie das Zusammenfinden des Teams fördern. Die Stärke Ihres Teams wird auch von einem starken Gemeinschaftsgefühl genährt. Die Identifikation mit gemeinsamen Zielen und Aufgaben, der gegenseitige Respekt, Toleranz, Achtung und Wertschätzung bei der Zusammenarbeit sind elementar für die Teamperformance. Entwickeln Sie mit Ihren Mitarbeitern ein Leitbild, das sich visualisieren und auf ein Motto bringen lässt. Dieser Prozess ist nicht nur identitätsstiftend, sondern das Ergebnis dient Ihrem Team auch als wegweisender Leuchtturm in schwierigen Situationen: Das ist unser Ziel, da wollen wir hin!

Die Liste kritischer Entwicklungen und Rückschlüsse im Fall der Nationalelf ließe sich weiter fortsetzen, gleichzeitig ließe sich mindestens ebenso viel Positives herausarbeiten. Doch das würde hier den Rahmen sprengen. Wichtig ist nun – und dieser Ball liegt in der Spielhälfte des Teams, seiner Führungskräfte sowie der DFB-Spitze – die Turniervorbereitung und den –verlauf genau zu analysieren und entsprechende Rückschlüssen daraus zu ziehen. Fakt ist: Das Leben geht weiter, auch ohne zweiten WM-Titel in Folge. Und wir haben es in der Hand, diese Niederlage gewinnbringend zu verarbeiten – oder ewig im Tal des Jammers zu verharren. Freistoß für die Fehleranalyse!

© Antje Heimsoeth

Über die Autorin

Antje HeimsoethAntje Heimsoeth, Diplom-Ingenieurin (FH), Coach, ECA und DVNLP, zert. Mental Coach, Gesundheitstrainerin, ECA Sport Coach (Master Competence), zert. Entspannungspädagogin, zert. Business Coach und Top-Speakerin mit mentalem Olympiafaktor: Go for Gold! mit eigenem Institut Heimsoeth Academy, ausgezeichnet als „Vortragsrednerin des Jahres 2014“ und „Deutschlands renommierteste Motivationstrainerin“ (FOCUS).

Weltweit tätig. Auftritte bei RTL aktuell, n-tv, hamburg1, BR (Blickpunkt Sport) und Sky sowie auf Kreuzfahrtschiffen (MS Europa 2, AIDA). Bestsellerautorin:

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