Wo Wertschätzung fehlt, mangelt es an Motivation

Wo Wertschätzung fehlt, mangelt es an Motivation - Antje Heimsoeth

Autor

Antje Heimsoeth

Datum

26. Jan 2022

Ob es um Respekt oder um Chancen, um Selbstwirksamkeit oder Erfolg und Anerkennung geht – in jedem Handlungsfeld der vielbeschworenen Wertschätzung herrscht Mangel in Deutschlands Unternehmen, wie die Studie „Erfolgsfaktor Wertschätzung“ der Personalberatung Rochus Mummert vor einigen Jahren zeigte. Die befragten rund 100 HR-Führungskräften aus meist größeren mittelständischen Unternehmen stellten jedem zweiten Arbeitgeber ein schlechtes Zeugnis hinsichtlich des wertschätzenden Umgangs aus. Während auf gleicher Hierarchieebene die gegenseitige Wertschätzung noch am ehesten funktionierte, ließ sie sowohl von oben nach unten, sprich von Führungskräften zu Mitarbeitenden, wie auch von unten nach oben, vom Team zum Vorgesetzten, zu wünschen übrig. Dabei gehört Wertschätzung zu jenen Dingen, nach denen sich jeder Mensch sehnt, völlig unabhängig von der beruflichen Position. Soziale Anerkennung gehört nämlich zu unseren Grundbedürfnissen.

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Für die Rolle der Führungskraft ist dabei entscheidend: Nur wer sich selbst wertschätzen kann, kann auch andere wertschätzen. Wertschätzung beginnt bei uns selbst. Wie steht es um Ihre Selbstwertschätzung? Sind Sie sich bewusst darüber, was Ihren Wert als Mensch ausmacht? Und welche Werte Ihnen persönlich wichtig sind? Für welche Werte Sie einstehen? Es ist ratsam, die Wertschätzung sich selbst gegenüber zu pflegen. Das hat nichts mit einem verblendeten Blick auf sich selbst oder Selbstüberhöhung zu tun, sondern hilft, Respekt für Geleistetes, Fähigkeiten und Eigenschaften zu empfinden und sich als Ganzes mit seinen Stärken, Schwächen, Ecken und Kanten anzunehmen. Je mehr Wertschätzung Sie sich selbst entgegenbringen können, desto besser können Sie auch andere würdigen und wertschätzen.

Hören Sie ins Thema rein: Podcastfolge „Mangelnde Wertschätzung am Arbeitsplatz

Tipp: Nutzen Sie Affirmationen für Ihre Selbstwertschätzung

Positive Selbstgespräche helfen, negative Gedanken, Gefühle oder Vorstellungen durch Unterstützendes zu ersetzen. Mit Hilfe von Affirmationen können Sie Ihre Gedanken, Ihr Fühlen und Verhalten beeinflussen. Affirmationen sind autosuggestive, bejahende Sätze, die – wenn sie regelmäßig gesprochen und gedacht werden – die Kraft haben, Gedanken und Überzeugungen zu verändern. Ich selbst nutze Affirmationen wie „Ich bin wertvoll“, „Ich liebe, glaube, vertraue, bin dankbar und mutig, „Ich bin sehr erfolgreich. Ich genieße mein Leben Tag für Tag mehr.“, um mir mehr und mehr Selbstwertschätzung entgegenzubringen. Überlegen Sie sich eigene kraftspendende, positive, unterstützende Sätze, mit denen Sie sich selbst würdigen. Diese Ich-Sätze sollten kurz und einfach sein, um sie leicht an sie erinnern zu können.
Verwenden Sie keine Affirmation, an die Sie selbst nicht glauben.

Weiterlesen: Tipps Selbstwertschätzung: Nur wer sich selbst wertschätzen kann, kann andere wertschätzen

Tipp: Erfolge regelmäßig dokumentieren

Um sich den eigenen Wert bewusst zu machen, hilft es auch, ein Erfolgstagebuch zu führen, in dem Sie nicht nur große, sondern auch kleine und mittlere Erfolgserlebnisse regelmäßig festhalten. Der amerikanisch-ungarische Psychologe und Motivationsforscher Mihaly Csikszentmihalyi rät dazu, sich jeden Abend auf drei Dinge zu besinnen, die am Tag gut gelaufen sind. Auf diese Weise verändern sich nach einem gewissen Zeitraum Ihre innere Haltung, Ihr Denken und Ihre Überzeugungen. Und das wird auch Ihren Führungsstil beeinflussen. Das Erfolgstagebuch dient Ihnen zudem als Kraftquelle in herausfordernden Situationen, wenn Zweifel an Ihnen nagen sollten.

Diese Übung können Sie übrigens auch für Ihr Team nutzen, indem Sie die gemeinsam erzielten Erfolge in einem für alle zugänglichen Dokument erfassen, z.B. in Form einer Powerpoint-Präsentation, die Sie vor wichtigen Herausforderungen dem Team zur Motivation und Unterstützung zeigen. Das ist nicht zu verwechseln mit einem kollektiven Lob nach dem Gießkannen-Prinzip. Hier geht es um das Bewusstmachen von gemeinsam Erreichtem.

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Leistung, die nicht gewürdigt wird, verliert an Wert

Fehlende Wertschätzung hemmt das Engagement – uns fehlt der Gegenwert zu unserer Anstrengung. Leistung, die nicht gewürdigt wird, verliert auch für den, der sie liefert, an Wert und führt zu einer sogenannten Gratifikationskrise. Motivationsmangel und abnehmende Leistungsfähigkeit sind dann die Folge. Das belastet die physische und psychische Gesundheit gleichermaßen. Am Ende der Entwicklung stehen häufig Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Depressionen. Gelebte Wertschätzung hingegen schafft Vertrauen, motiviert und entspannt. Mit anderen Worten: Sie hat eine ebenso gesundheits- wie leistungsfördernde Wirkung.

Wertschätzung ist weit mehr als Lob und Dank

Doch wie bringe ich als Führungskraft anderen Wertschätzung entgegen? Und was wünsche ich mir selbst an Wertschätzung von anderen? Nun, Wertschätzung ist weit mehr als Lob, „Danke“ sagen oder beim Mitarbeiter vorbeizuschauen und zu fragen „Wie geht`s?“, ohne wirklich Zeit fürs Zuhören mitzubringen. Wertschätzung spiegelt sich auch im Vermitteln klarer Erwartungen gegenüber Mitarbeitenden wider, in regelmäßigen konstruktiven Feedbackgesprächen und sozialer Unterstützung. Sie sollten als Führungskraft nahbar bleiben und echtes Interesse an Ihrem Gegenüber zeigen. Wenn Sie offene Fragen stellen, dann hören Sie bei der Antwort genau hin. Fragen Sie nach, üben Sie sich im Perspektivwechsel, um Ihre Mitarbeitenden besser zu verstehen. Und kommunizieren Sie transparent und nachvollziehbar – auch dann, wenn sich Prozesse unerwartet lang hinziehen. Halten Sie Ihr Team auf dem Laufenden.

Wertschätzung ist keine Einbahnstraße, sondern gebührt jedem

Die anfangs erwähnte Studie hat gezeigt, dass auch die Wertschätzung von unten nach oben mangelhaft ist. Als Führungskraft stehen Sie für Ihr Team ein, halten den Kopf hin, wenn Ergebnisse schlecht ausfallen, müssen jeden Tag etliche Entscheidungen treffen und Strategien vorgeben. Keine Frage, auch Sie haben Wertschätzung verdient! Ein respektvoller Umgang, Loyalität und konstruktives Feedback sind Eckpfeiler jener Wertschätzung, die Mitarbeitende Ihnen entgegenbringen können. Und das funktioniert durchaus auch digital: Ein kleines Unternehmen in Konstanz hat 2020 mit „applaudio“ ein Onlinetool auf den Markt gebracht, mit dem jeder jedem innerhalb eines Unternehmens ein „Bravo“ mit einer persönlichen Nachricht zusenden kann, wenn er oder sie der Meinung ist, dass der oder die andere einen guten Job gemacht hat. Die Macher wollen damit eine breite Möglichkeit zum Feedback sowohl horizontal als auch vertikal in Unternehmen schaffen. In mehreren Kategorien kann Lob verteilt werden, vom Dank an einen Teamkollegen über gelungene Firmenevents oder Problemlösungen bis hin zur erfolgreichen Einarbeitung. Das Tool schürt nicht nur die Wahrnehmung guter Leistungen, sondern auch persönliche Kontakte, die nach dem empfangenen Lob entstehen.

Wertschätzung basiert auf gegenseitigem Respekt

Ob digital oder analog, der rote Faden der Wertschätzung über alle Hierarchieebenen hinweg ist Respekt. Als Führungskraft verschaffen Sie sich unter anderem Respekt bei Mitarbeitenden, indem Sie kritikfähig sind und souverän agieren. Im Miteinander zwischen Kollegen sollte sich Respekt im Umgang und in gegenseitiger Unterstützung widerspiegeln. Denn Respekt ist die Basis für belastbare Beziehungen. Und diese braucht es, um erfolgreich zusammenarbeiten zu können – konstruktiv, produktiv und innovativ. Wertschätzung heißt, sich an Werten zu orientieren – gemeinsamen und persönlichen – und diese auch im Handeln und Verhalten zu berücksichtigen. Das sollte jedem, ob Führungskraft oder Mitarbeitender, wichtig sein. Alles andere wären sonst bloße Lippenbekenntnisse und oberflächliche Gesten.

Wertschätzung setzt Impulse zur Nachahmung

Selbstwert und Wertschätzung hängen eng zusammen, wie eingangs erwähnt. Als Führungskraft sollten Sie Klarheit über Ihre Werte sowie Ihr Selbst- und Fremdbild haben. Gelingt es Ihnen, Ihren Mitarbeitenden wertschätzend gegenüber zu treten, dann hat das eine Vorbildfunktion. Nicht nur, dass Wertschätzung den Selbstwert Ihrer Mitarbeitenden erhöht. Wer wertgeschätzt wird, geht auch mit anderen wertschätzender um. Und damit etablieren Sie langfristig eine Kultur der Wertschätzung, die jedem zugutekommt. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei!

© Ihre Antje Heimsoeth

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Über die Autorin: Antje Heimsoeth
Ihre berufliche Laufbahn begann Sie als Geodätin. Heute gehört Sie als Expertin für Mentale Stärke, Motivation, Leadership, Veränderung, Selbstführung und Spitzenleistungen und neunfache Buchautorin zu den bekanntesten Mental Coaches im deutschsprachigen Raum. Sie wurde als „Vortragsrednerin des Jahres 2014“ und 2021 ausgezeichnet. Bei Managern und Medien gilt sie als „renommierteste Motivationstrainerin Deutschlands“ (FOCUS).  Weltweit tätig. Buch zum Thema: „Kopf gewinnt! Der Weg zu mentaler und emotionaler Führungsstärke“. Springer Gabler.
Infos unter  www.heimsoeth-academy.com, www.antje-heimsoeth.com

 

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