Es war kein Signal des Vertrauens, dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in einer Pressekonferenz zu den aktuellen Corona Bekämpfungsmaßnahmen sendete. Längst wusste er, dass er die Ausgangssperre noch bis 10. Mai verlängern würde, doch darüber schwieg er in der Pressekonferenz. Er überließ es lieber im Anschluss der Staatskanzlei, die unliebsame Nachricht zu veröffentlichen. Ein klares Wort und Offenheit sehen anders aus. Dabei sollte dem Landesregierungschef am Vertrauen der Bevölkerung gelegen sein, trägt es doch erheblich zur erfolgreichen Mitarbeit bei, um die Auswirkungen der Corona Pandemie einzudämmen. In einer Zeit großer Unsicherheit sollte man als Führungskraft Vertrauen nicht unnötig aufs Spiel setzen. Es bleibt vielleicht nicht ausreichend Gelegenheit, es zurückzugewinnen.
Mehr dazu: Entwicklung einer Vertrauenskultur
Transparenz und Klarheit
Austausch und Kommunikation sind in solchen Zeiten wichtiger denn je. Die Regierungschefs in Neuseeland oder Australien führen uns das eindrücklich vor Augen. Transparenz in den Entscheidungen und klare Kommunikation sind entscheidend für die Bereitschaft von Menschen, diesen Entscheidungen zu folgen. In Bayern sorgen widersprüchliche Entscheidungen für bröckelndes Verständnis: seit 4. Mai sind Versammlungen von bis zu 50 Menschen wieder zulässig, meine eigene Familie darf ich jedoch weiterhin nicht treffen. Bayerns Bürger beginnen, solche Entscheidungen zu hinterfragen. Der Unmut und die Wut wachsen. Dabei ist es wichtig, in diesen Zeiten Orientierung und Sicherheit zu vermitteln statt neue Unsicherheit zu schüren.
Ehrlichkeit und Selbstkenntnis
Keine Frage, für uns alle ist diese Pandemie eine neue Erfahrung, es gibt keine Blaupause dafür. Und Führungskräfte sind auch nur Menschen mit Angst um Angehörige, Angst vor Ansteckung, Angst vor den persönlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Vertrauen gewinnt man auch, wenn man eigene Unsicherheiten nicht hinter Arroganz versteckt, sondern sie einräumt. Sich selbst gegenüber und gelegentlich Mitarbeitern gegenüber.
Eine gute Führung setzt eine gute Selbstführung voraus. Und das bedeutet auch, sich eigener Unsicherheit bewusst zu werden und Strategien für den Umgang damit zu kennen. Es geht nicht darum, als Chef immer der Held sein zu müssen. Nach dieser Rolle sollte eine Führungskraft auch nicht streben. Denn dann ordnet sie alles andere dem eigenen Glanz unter und agiert nicht mehr zum Wohl aller.
Flexibilität in der Kommunikation
Egal, um welchen Lebens- oder Wirtschaftsbereich es geht, in diesen Tagen fahren alle Entscheider auf Sicht. Das sollte auch jede Führungskraft im Unternehmen klar kommunizieren: Es gibt im Moment keine langfristigen Regelungen und Zusagen. Beim Fahren auf Sicht ist Flexibilität gefragt, von Führungskräften wie Mitarbeitern. Fahren auf Sicht heißt, Informationen rasch einzuordnen und weiterzugeben. Dafür gilt es, auch neue Wege zu beschreiten in der Kommunikation. Bringen Sie als Führungskraft jeden Freitag einen Podcast unter die Leute mit einem Wochen-Resümee: Was ist passiert? Wo müssen wir achtgeben? Wo gibt es neue rechtliche Bestimmungen? Welche Änderungen in Abläufen ergeben sich für uns daraus? Zum Ausstieg können Sie hier auch immer wieder an die Einhaltung der Hygieneregeln und des Abstands erinnern, denn diese werden uns auf unbestimmte Zeit begleiten.
Gutes Stress- und Selbstmanagement
Das Augenmerk Ihres Teams liegt auf Ihnen. Um weiterhin Souveränität und Gelassenheit auszustrahlen, hängt viel von Ihrem Stress- und Selbstmanagement ab. Daran zu arbeiten, heißt sich Rüstzeug für die täglichen Herausforderungen zu verschaffen. Ausreichend Schlaf und Bewegung gehören ebenso dazu wie regelmäßige Pausen zur Entspannung und das Beherrschen von Entspannungstechniken. Wenn Sie merken, dass Sie selbst gerade Probleme damit haben, Vertrauen in die Zukunft zu schöpfen, dann können Sie gezielt an Ihrer inneren Haltung arbeiten. Führen Sie z.B. ein Dankbarkeitstagebuch, in dem Sie festhalten, wofür Sie am Ende eines Tages dankbar sind, für welche Momente, Begegnungen, Erfolge? Das können Sie auch Ihren Mitarbeiter empfehlen.
Lesen Sie auch: Auswirkungen von Schlafmangel – Warum Müdigkeit Gift ist
Feedback mit Verbesserungsvorschlag
Die Qualität des Dialogs mit Mitarbeitern ist jetzt auf dem Prüfstand. Wie gut fühlen sich Ihre Leute informiert, gesehen, verstanden, wahrgenommen, berücksichtigt? Und wie geben Sie Ihnen Feedback? Ich empfehle die Feedforward-Methode nach Marshall Goldsmith, bei der Sie statt reiner Rückmeldung zu Leistungen auch konkrete Veränderungsmöglichkeiten für die Zukunft aufzeigen: Wie genau kann Ihr Mitarbeiter sein Verhalten verändern, um eine Aufgabe, besser, schneller, einfacher zu erledigen? Statt rückwirkend zu bewerten, was gut oder schlecht war, erfährt Ihr Mitarbeiter konkrete Verbesserungsmöglichkeiten und kann sie als Feedback besser annehmen. Auch neue Projektmanagementtechniken können Dialoge und Abläufe verbessern.
Lesen Sie auch: Feedback geben: Feedback ist das Futter für Fortschritt
Authentizität
Wir sehen im Fernsehen gerade immer wieder Bilder von Politikern, die sich nicht an die Abstandsregeln halten. Solche Bilder buchen vom Vertrauenskonto der Bevölkerung ab. Die Politik sollte vorleben, was sie von den Bürgern im Land verlangt. Authentizität erzeugt Glaubwürdigkeit. Wie glaubwürdig ist jemand, der das eine predigt oder fordert, und das andere tut? Menschen wollen sich auf eine Führungspersönlichkeit verlassen und ihr vertrauen können. Glaubwürdiges Handeln ist die Basis dafür.
Mehr dazu: Vertrauen entscheidet: Maßnahmen für Einzahlungen auf das Vertrauenskonto
Distanz überbrücken
Viele Menschen arbeiten derzeit nur noch im Homeoffice. Für Führungskräfte gilt damit, vertrauensvolle Beziehungen online aufrechtzuerhalten oder aufzubauen. Distanz erschwert das Vertrauen, im Übrigen auch wenn Menschen über zwei Stockwerke verteilt miteinander arbeiten. Umso wichtiger sind nun ein gemeinsames Teamziel (Etappenziel, Tages-, Wochen-, Monatsziel), Regeln für die Zusammenarbeit, Momente des Austauschs jenseits der Arbeit (z.B. Wie geht es dir?), sozusagen als digitaler Kaffeeküchen-Talk. Es darf noch besser zugehört werden. Es gilt, Nähe zu erzeugen. Dabei helfen häufigere Online-Meetings, dafür aber kürzer und besser vorbereitet. Und natürlich virtuelle Treffen zum Feierabend Bier und Klönen.
Lesen Sie auch: So arbeiten Sie fokussiert im Home-Office
Wertschätzung
Für den Cheftrainer vom 1. FC Bayern München, Hansi Flick, spielt gegenseitige Wertschätzung und Respekt eine entscheidende Rolle für ein vertrauensvolles Miteinander. Für ihn sind sie die Basis für den Teamerfolg. Er sagt im Mitgliedermagazin „51“ des Fußballvereins: „Ohne Loyalität, Wertschätzung und Respekt füreinander ist es schwer, sich erfolgreich und sinnvoll zu entwickeln. Mir ist wichtig, dass man Vertrauen schenkt, die Kommunikation hoch ist und man allen Wertschätzung vermittelt. (…) Wie wir uns austauschen können, was das für eine Ebene ist, auf der man Vertrauen hat, das ist für mich persönlich ideal.“ (Ausgabe 4/20).
Mehr dazu: Respekt und Wertschätzung sind keine Einbahnstraße
Anerkennung bedient das menschliche Bedürfnis der sozialen Akzeptanz. Es baut den Selbstwert auf, sorgt für positive Energie und Antrieb. Unser Zugehörigkeitsgefühl steigt, unser Selbstvertrauen wird gestärkt, es verleiht uns Selbstsicherheit. Dabei verbessert sich nicht nur die Motivation für weitere Leistungen, sondern auch die Beziehung zu demjenigen, der uns die Anerkennung entgegengebracht hat. Bei der Wertschätzung geht es ums menschliche Miteinander, also darum, einen Mitarbeiter als Menschen zu schätzen und ihn das spüren zu lassen.
Mehr dazu: Mitarbeiterbindung – Motivation durch Wertschätzung
Ja, wir brauchen im Moment viel Vertrauen – Vertrauen darauf, dass wir die Corona-Pandemie gut überstehen, als Mensch, als Mitarbeiter, im Team, als Unternehmen, als Land. Wir vertrauen den Entscheidungen der Politik und darauf, dass sich jeder an die Hygiene- und Verhaltensregeln hält. So, wie jeder von uns hofft, dass der andere dieses Vertrauen nicht verspielt, sollten wir das Vertrauen anderer in uns auch nicht verspielen. Damit Vertrauen eine gute Basis der Zusammenarbeit bleibt!
Ihre © Antje Heimsoeth
Beiträge zum Weiterlesen
Interview mit Beat Gerber über Vertrauen
Mitarbeiterführung: Knapp vorbei ist auch daneben – das fragile Gut Mitarbeiterbindung und seine Tücken
Das Team ist der Star – Was wir vom Spitzensport lernen können I Antje Heimsoeth
Über die Autorin
Antje Heimsoeth
Ihre berufliche Laufbahn begann Sie als Geodätin. Heute gehört Sie als erfolgreiche Keynote Speakerin mit hunderten von Vorträgen und Expertin für Mentale Stärke, Motivation, Leadership, Erfolg, Selbstführung und Spitzenleistungen und zehnfache Buchautorin zu den bekanntesten, gefragten und einflussreichsten Mental Coaches von Spitzensportlern, Führungspersönlichkeiten, Vorständen, Spitzenmanagern, Unternehmern und Rednern. Sie wurde als „Vortragsrednerin des Jahres 2014“, mit dem Award „Erfolgreiche Unternehmerin 2016“, in 2019 mit Top 10 Trainer & Influencer und in 2017 mit TOP 100 Erfolgstrainer (durch das Magazin ERFOLG) ausgezeichnet. Bei Managern und Medien gilt sie als „renommierteste Motivationstrainerin Deutschlands“ (FOCUS).
0 Kommentare