Tipps zur Burnout-Prävention: Wenn die empfundene Last zu schwer wird

Autor

Antje Heimsoeth

Datum

13. Jun 2022

Betroffene nehmen ihn lange nicht wahr, auch das Umfeld erkennt die Warnzeichen selten rechtzeitig: Ein Burnout kommt auf leisen Sohlen daher, doch seine Auswirkungen haben enormes Gewicht. Im Jahr 2021 war der Arbeitsausfall wegen psychischer Erkrankungen in Deutschland höher als jemals zuvor. Ein Unternehmen mit 1.000 Mitarbeitenden verliert wegen psychischer Belastungen und daraus resultierendem Produktionsausfall und Fehltagen im Durchschnitt jährlich zwischen drei und sechs Millionen Euro. Fakt ist: Jeder dritte Mitarbeitende in Deutschland entwickelt im Laufe seines Arbeitslebens eine psychische Erkrankung. 80 Prozent der Fehltage wegen Rückenbeschwerden haben eigentlich eine andere Ursache. Jeder Fünfte von uns erlebt im Laufe seines Lebens burnoutähnliche Symptome, nicht jeder fällt deswegen wegen Burnout aus. Doch die Gefahr ist da, und zwar für viele von uns. Denn ein Burnout kann auch positiv denkende Menschen mit gut bezahltem, erfüllenden Job und gelingender Partnerschaft treffen. Burnout-Prävention und ein Bewusstsein für auslösende Faktoren sind deshalb der beste Schutz, um nicht an den Punkt zu gelangen, wo es heißt: „Ich kann nicht mehr. Ich schaffe das nicht länger.“ Schließlich könnten 80 Prozent der Burnout-Fälle durch eine gute Burnout-Prävention vermieden werden. Doch das erfordert Bewusstsein dafür und Experten als Sparringspartner.

Tipps zur Burnout-Prävention: Wenn die empfundene Last zu schwer wird

Die Seele krankt, der Körper ebenfalls

Wenn Betroffene eine Situation oder eine Aufgabe so einschätzen, dass sie sich nicht mehr in der Lage sehen, diese zu bewältigen, dann erleben sie Stress. Und zwar in einem kritischen Ausmaß, das mitunter sogar als lebensbedrohlich empfunden wird. In diesem Zustand sind sie handlungsunfähig, fühlen sich ausgebrannt und heillos überfordert. Die Seele krankt, der Körper ebenfalls: chronische Müdigkeit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Magen-Darm-Beschwerden gehen einher mit Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Frust und Selbstzweifeln. Wer an seine Grenzen stößt, muss schmerzlich erkennen, das gesetzte und tatsächlich erreichte Ziele auseinanderklaffen. Das nagt am Selbstwertgefühl. Die Tendenz, sich noch mehr anzustrengen auf der Jagd nach Erfolg und daraus resultierender Bestätigung, begünstigt die Abwärtsspirale. Denn wenn verstärkte Anstrengung noch immer nicht zum gewünschten Erfolg führt, sondern nur zu weiterer Erschöpfung, dann wächst das Gefühl der Ohnmacht. Betroffene beginnen, zu resignieren und entwickeln Gleichgültigkeit gegenüber ihrem Umfeld und dessen Ansprüchen. Aus Enthusiasmus wird Dienst nach Vorschrift, aus motivierter Power reine Pflichterfüllung. Der innere Rückzug des Betroffenen schreitet fort, die Isolation wächst – und am Ende helfen nur noch Psychotherapie und Antidepressiva, um den Weg aus dem Burnout herauszufinden.

Burnout-Prävention: Fokus auf die eigene Macht statt der Ohnmacht das Ruder zu überlassen

Selbstwirksamkeit ist der Schlüssel zum Schutz gegen Burnout. Wer Vertrauen in seine eigene Handlungskompetenz hat und weiß, dass er Herausforderungen aufgrund seiner Ressourcen gut bewältigen kann, bleibt Kapitän an Bord seines Schiffs. Für Unternehmen bedeutet das, mit breiterem Blick auf Mitarbeitende zu gucken: Was ist bei einem erschöpften Mitarbeitenden nicht mehr an Kompetenzen vorhanden? Wo herrscht konkreter Mangel? Was braucht xy zur Entlastung? Um gar nicht erst in einen Mangelzustand zu geraten, hilft es, sich vorhandener Stärken bewusst zu sein und diese gezielt zu nutzen und nutzen zu können. Wer sich seiner Stärken bewusst ist und diese für seine Aufgaben einsetzen kann, ist nicht nur gelassener beim Betrachten von herausfordernden Situationen, sondern erreicht seine Ziele auch leichter. Das stärkt das Selbstwertgefühl, schenkt Freude und Bestätigung. Vorgesetzte haben hier erheblichen Einfluss und können viel zur Burnoutprävention beitragen: Angefangen bei der Stärkenorientierung, die sowohl die Aufgabenverteilung als auch die Feedbackkultur bestimmen sollte, über den Zuspruch, der das Vertrauen von Mitarbeitenden in die eigenen Fähigkeiten fördert, bis hin zum Vorleben. Je besser eine Führungskraft mit gutem Beispiel vorangeht im Umgang mit Herausforderungen, desto überzeugender vermittelt sie ihrem Team, das auch schaffen zu können.

Weiterlesen: Selbstwert als Führungskraft – so steigern Sie ihn

Burnout-Prävention: Regelmäßig Zeit zur Selbstreflexion nehmen

Das berühmte Hamsterrad dreht sich bei den meisten von uns eher schnell als langsam. Arbeiten 4.0, Pandemie, Halbleiterkrise, der Ukrainekrieg und seine Folgen, steigende Energiekosten und viele weitere äußere Faktoren, die wir nicht direkt beeinflussen können, erschweren unseren (Arbeits-)Alltag zudem. Umso wichtiger ist es angesichts anhaltender Herausforderungen, regelmäßig innezuhalten und sich zu fragen: Ist alles noch gut? Schaffe ich meine Aufgaben noch? Oder gibt es Probleme, die noch immer nicht gelöst sind? Dann gilt es, diese Probleme aktiv anzugehen, zu benennen, was es für den Umgang damit braucht, Strategien zur Lösung zu entwickeln. Die Augen vor Baustellen zu verschließen, lässt das Ausmaß zur Behebung nur größer werden, nicht kleiner. Zur Selbstreflexion gehört ebenso, sich zu fragen: Gibt es Situationen oder Aufgabenstellungen, die mein Gefühl der Überforderung triggern? Wer sich seiner Triggerpunkte bewusst ist, kann dafür sorgen, dass sie im Moment des Triggerns nicht die emotionale und mentale Kontrolle übernehmen. Je besser wir uns selbst verstehen, desto besser können wir in akut belastenden Situationen mit uns selbst umgehen. Dabei helfen auch Resilienztraining, mentale und emotionale Techniken und regelmäßiges Mentaltraining.

Burnout-Prävention: Brainstorming mit anderen zur Problemanalyse und -bewältigung

Niemand ist gezwungen, Probleme völlig allein zu lösen. Es ist sinnvoll, sich mit jemandem über Fragestellungen und Themen auszutauschen, um neue Impulse und Sichtweisen zu generieren. Ermutiger, Förderer und Vertrauenspersonen dienen uns als Ratgeber und Kraftspender, aber auch als Korrektiv und Feedbackgeber. Es ist daher förderlich, mit Freunden oder Kollegen ein Brainstorming zu machen und gemeinsam Strategien zu entwickeln, wie sich eine Herausforderung gut bewältigen lässt und zu definieren, welche internen und externen Ressourcen dafür nötig sind. Daraus entsteht ein konkreter Plan, der uns hilft, schrittweise voranzukommen statt ohnmächtig im Stillstand zu verharren. Die Dinge aktiv anzugehen, auch wenn sie zunächst als „kaum zu bewältigen“ erscheinen, ist wichtig, um nicht in die Phase der Ohnmacht und Gleichgültigkeit zu rutschen. Und dafür sind vertraute Sparringspartner ebenso hilfreich wie externe Unterstützer mit entsprechender Expertise, wie zum Beispiel Mental Coaches.

Burnout-Prävention: Achtung – Ihr Tag könnte Spuren von Müssen enthalten!

Sehen Sie mir die Headline mit Augenzwinkern bitte nach, denn hinter der Anspielung verbirgt sich die bedeutsame Frage nach der Perspektive, die erhebliche Auswirkungen auf unser Empfinden hat. Es lohnt, sich zu hinterfragen: Wie betrachte ich das, was ich mache? Müssen Sie tun, zum Beispiel essen, trinken, atmen, schlafen und sterben, oder dürfen Sie alles tun? Wenn Sie Ihre Sichtweise wandeln in „Ich darf Dinge tun“, dann verändert sich Ihre Haltung und damit auch das mit einer Pflicht verbundene Empfinden. Aus dem empfundenen Druck, den „müssen“ erzeugt, wird durch den Blickwinkel des Dürfens mehr Freude und Leichtigkeit. Dem Dürfen liegt Demut zugrunde, dem Müssen Last. Wenn es gilt, eine neue Aufgabe zu übernehmen, für die Sie sich vielleicht nicht ausreichend kompetent fühlen, dann macht es einen großen Unterschied für Ihr Empfinden und Ihren Umgang mit der Herausforderung, ob Sie sagen: „Na toll, jetzt muss ich das auch noch tun, obwohl ich damit gar keine Erfahrung habe und meine To-do-Liste ohnehin schon lang ist. Das kann ich doch gar nicht!“ oder ob Sie sagen: „Ok, jetzt darf ich neue Erfahrungen sammeln und beweisen, dass ich auch diese Aufgabe beherrsche. Ich habe zwar viel zu tun, aber ich bin dankbar für die Chance, mich weiterzuentwickeln und meine Fähigkeiten einzusetzen.“ Ihre Grundhaltung beeinflusst Ihr Stressempfinden. Je negativer Sie eine Situation bewerten, desto größer wird Ihr Stress.

Burnout-Prävention: Abbau von Stresshormonen durch Bewegung und Entspannungstechniken

Statistisch gesehen sind Menschen, die körperlich arbeiten, weniger gefährdet, an einem Burnout zu erkranken als Menschen, die überwiegend mit ihrem Kopf arbeiten. Grund dafür ist der Energieabbau, der mit der körperlichen Tätigkeit einher geht. Bewegung hilft, Stresshormone abzubauen. Sport und Bewegung wirken sich positiv auf unser Wohlbefinden aus. Ausdauersportarten wie Radfahren, Joggen oder Schwimmen sind dabei ebenso geeignet wie lange Spaziergänge in der Natur, Yoga oder Entspannungstechniken. Julian Nagelsmann, Cheftrainer des Fußballvereins FC Bayern München, baut seine überschüssige Energie zum Beispiel regelmäßig durch Moutainbiking oder Joggen ab und nimmt sich mit einem Tag in den Bergen gezielt Auszeiten. „Dinge, die mich freizeitmäßig glücklich machen, versuche ich, dann mehr zu machen. Auch mal den freien Tag wirklich frei zu nutzen. Du hast schon immer den Drang, die ganze Zeit dein Handy zu haben, ständig dich mit Transfers zu beschäftigen. Dann auch bewusst dem Brazzo zu sagen, du bist einen Tag raus“, so Nagelsmann. „Was Nagelsmann ebenfalls hilft: Er definiert sich nicht nur über den Beruf. „Wenn ich fünf Stunden Mountainbike in den Bergen fahre, bin ich auch ein glücklicher Mensch. Und nicht nur, wenn wir am Wochenende ein super Spiel machen“, so der Bayern-Trainer.“ (tz.de, 2022).

Tipps zur Burnout-Prävention: Wenn die empfundene Last zu schwer wird

Unternehmen können die Burnout-Prävention ihrer Mitarbeitenden hier sowohl durch entsprechende Bewegungsangebote unterstützen als auch durch das Ermöglichen freier Tage, auch in Hochphasen, sowie das Unterbinden von E-Mail-Verkehr nach Feierabend und an freien Tagen. Je klarer hier ein Arbeitgeber das Signal sendet: „Es ist ok, wenn du raus bist. Wir respektieren deine Freizeit.“, desto leichter macht er es seinen Mitarbeitenden, besser auf sich achtzugeben.

Apropos Achtsamkeit: Achtsamkeitstraining und Entspannungstechniken helfen vor allem bei der Symptombehandlung. Zur Burnout-Prävention hingegen dient vor allem die Bewusstheit, was in welcher Form einen Burnout begünstigt und wie sich hier gezielt gegensteuern lässt. Doch bei allem Wissen dazu: Wer unter anhaltender Erschöpfung leidet, sollte unbedingt den Hausarzt aufsuchen. Es gibt auch andere Erkrankungen und Mangelerscheinungen, die ähnliche Symptome haben. Die gute Nachricht zum Schluss: Mit Ende 50 nimmt die Burnoutgefahr ab, das Alter macht uns einfach gelassener. Da sie zwischen 30 und 50, in der Rushhour unseres Lebens, jedoch am höchsten ist, ist Prävention der beste Weg, um leistungsfähig zu bleiben. Experten wissen das schon lange. Werner Kissling, Leiter des Centrums für Disease Management TU München, brachte es jüngst im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung auf den Punkt: Vielleicht schaue man in zehn Jahren zurück und wundere sich, wie lange es gedauert habe, bis Vorsorge zur Normalität wurde. Warten Sie nicht so lange: Machen Sie Burnout-Prävention zum Standard. Damit „Ich kann es. Ich schaffe das auch weiterhin!“ Ihr Leitsatz bleibt.

Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen dabei!

© Ihre Antje Heimsoeth

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Unternehmerin, Bestseller Autorin, Mental Coach und Keynote Speaker
Antje Heimsoeth –
Ihre berufliche Laufbahn begann Sie als Geodätin. Heute gehört Sie als Expertin für Mentale Stärke, Motivation, Leadership, Veränderung, Selbstführung und Spitzenleistungen und zwölffache Buchautorin (Ihre Bücher finden Sie hier >>) zu den bekanntesten und einflussreichsten Mental Coaches im gesamten deutschsprachigen Raum. Sie wurde als „Vortragsrednerin des Jahres 2014“ und 2021, mit dem Award „Erfolgreiche Unternehmerin 2016“ und in 2017 mit TOP 100 Erfolgstrainer (durch das Magazin ERFOLG) ausgezeichnet. Bei Managern und Medien gilt sie als „renommierteste Motivationstrainerin Deutschlands“ (FOCUS).

 

1 Kommentar

  1. Liebe Antje,

    das mit den „über 50“ nehme ich Ihnen schon krumm. (Grins)
    Aber ernsthaft, meine Erfahrungen mit Kollegen und Kolleginnen, die einen Burn-out hatte, waren daher betroffen, dass sie ihre Aufgaben nicht strukturiert angingen, sondern wie Windows im Multitasking Modus. Und wie bei Windows auch, wenn zu viele Fenster geöffnet sind, hängt sich das System auf und ein Reset ist notwendig.
    „Machen Sie mal zwischendurch noch….“ hatte ich mir vor 50 abgelegt. Einen Dampfer, ein Flugzeug, einen ICE…. sicher ins Ziel zu bringen, geht nur wenn man einen Schritt nach dem anderen macht.
    Danke für Ihren Lesestoff und noch einen schönen Sonnensonntag.

    Antworten

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