Ich hatte heute ein Tagescoaching mit einer Führungskraft, im hohen Norden zuhause, die für einen Tag den Weg nach Rosenheim angetreten hat. Sie hatte erst den Wunsch, dass ich ihr eine Kollegin aus Hamburg und Umgebung empfehle, damit sie nicht den weiten Weg in den Süden antreten muss. Im Nachhinein, nachdem sie auch ein Seminar an meinem Institut besucht hatte, war das für sie sehr stimmig, ja sogar unterstützend für den Prozess, für einen Tag die Reise aus dem hohen Norden in den Süden angetreten zu sein. Wir hatten um 10.00 Uhr angefangen und um 17.00 Uhr hat sie sich wieder auf den Heimweg gemacht. Aber das soll gar nicht Thema des Blogbeitrags sein.
Thema in dem Coaching war unter anderem das Thema „Vertrauen“. Vertrauen ist ein sehr wichtiger Baustein für erfolgreiche, gelingende Führung – Vertrauen in sich, Vertrauen in die Mitarbeiter, in das Produkt, in die eigene Zukunft.
Was braucht der Mensch, damit er sich selbst vertraut? Wann in meinem Leben blicke ich auf Referenzerfahrungen zurück in puncto Vertrauen? Das können Situationen im Sport, Beruf oder Alltag bzw. im familiären Umfeld sein. Wem vertraue ich bedingungslos? Was lässt Menschen heutzutage das Vertrauen immer öfter missbrauchen und das nicht nur in den Unternehmen, der Politik, sondern ich beobachte dies auch in persönlichen Beziehungen, egal ob in der Partnerschaft, in Freundschaften oder im Beruf?
Vertrauen braucht Arbeit, muss wie ein Pflänzchen gehegt und gepflegt werden, damit es wächst. Vertrauen braucht Zeit, um zu einem starken Baum heranzuwachsen. Das Bild vom Baum war heute für meine Klientin ein ganz wichtiges Bild. Sie hat das Bild mit dem Baum im Laufe des Coachings ergänzt durch einen Weg, der zum Baum führt.
Ich benutze gerne bei dem Thema Vertrauen das „Bild“ eines Kontos. Wann und wie zahle ich auf mein Konto Vertrauen ein? Wann bzw. wie hebe ich ab? Diese können Sie für sich selbst machen oder für das Vertrauen zwischen einem konkreten Mitarbeiter und sich selbst als Führungskraft. Das Konto kann auch für das Vertrauen des Teams in mich oder ein Projekt und für einzelne persönliche Beziehungen führen.
Im Folgenden beleuchte ich den Begriff „Vertrauen“ ein wenig näher.
Vertrauen
Um erfolgreich zu sein, braucht man viel Erfahrung, und Erfahrungen macht man wiederum nur, wenn man ins Tun kommt, Risiken eingeht, seine Komfortzone verlässt und sich auch schwierigen Situationen stellt. Das ist der eine Aspekt. Der andere Aspekt ist sich zu sensibilisieren für Vertrauensmomente im Leben. Das bedeutet: Wann und wo genau konnte ich vertrauen? Wann wurde mein Vertrauen nicht enttäuscht? Wo genau hat mich mein Vertrauensvorschuss in andere Menschen weitergebracht? Beim Finden dieser Momente und Situationen können Sie auch auf Hobbys wie Reitsport oder den Umgang mit Hunden, denn Tiere sind ein wunderbarer Spiegel für das Thema Vertrauen, zurückgreifen. Gehen Sie mal auf einen Hund zu, der Sie nicht kennt oder holen Sie ein Pferd aus einer Herde heraus – Hund und Pferd werden weggehen, wenn sie ihnen nicht vertrauen.
Suchen Sie sich ein Vorbild
Wer in Ihrem Leben dient Ihnen als Vorbild in puncto Vertrauen? Beschäftigen Sie sich mit Ihrem Vorbild, lesen Sie etwas über die Person nach oder befragen Sie die Person direkt (Podcast, per Skype, Telefon oder in einem direkten Gespräch). Was genau hilft diesem Menschen zu vertrauen bzw. seinen eigenen Mitarbeitern einen Vertrauensvorschuss einzuräumen und das Kontrollieren dabei in den Hintergrund zu stellen? Tauschen Sie sich aus mit Menschen, die eher die Philosophie vertreten, dass ihnen Mitarbeitern zu vertrauen mehr Gewinne bringt, als sie zu kontrollieren.
Mut
Meine Kundin hat sich an der Stelle heute erarbeitet, dass es bei dem Thema Vertrauen auch Mut braucht, Mut sich auf eine Beziehung einzulassen und Mitarbeitern Vertrauen zu schenken. Nehmen Sie Ihre eigene Karriere in die Hand, gehen Sie Ihren eigenen Weg! Stellen Sie sich dabei nicht auf die Rolltreppe und lassen sich per Rolltreppe von A nach B bringen. Denn wer ist schneller? Der, der auf dem Rollband steht oder der, der neben Ihnen herläuft und den Weg zu Fuß bestreitet. Natürlich wären Sie noch schneller, wenn Sie mit dem Rollband fahren und dabei gehen. Nur versperren einem da oftmals andere, die vor einem auf dem Rollband stehen, den Weg. Wenn Sie allerdings neben dem Rollband gehen, können Sie sich Ihren Weg bahnen.
Laotse: „Wer nicht genügend vertraut, wird kein Vertrauen finden.“
Verschwiegenheit und Vertraulichkeit
Mitarbeiter müssen sich sicher sein können, dass all das, was sie in einem Gespräch vortragen, auch im Vier-Augen-Gespräch bleibt und nicht im Unternehmen weiter kursiert oder von der Führungskraft z.B. an den Vorstand weitergetragen wird.
Versprechen, die die Führungskraft macht, müssen von der Führungskraft auch eingehalten werden, ohne dass der Mitarbeiter oder Kunde die Führungskraft immer wieder an das Versprechen erinnern muss.
An der Stelle gilt die Regel aus dem Neuen Testament: „Was du nicht willst, das man dir tut, das füg‘ auch keinem andern zu.“ Wenn du nicht möchtest, dass Menschen vertrauliche Themen, die du mit Ihnen besprichst, z.B. per Flurfunk weitergeben, gib auch Du keine vertraulichen Inhalte weiter. Verzichte auch auf jede Form des Tratschens und stelle Menschen nie vor Dritten bloß.
Heutzutage im Zeitalter der schnellen Trennungen wäre ich sogar vorsichtig, was ich zu Hause meinem Partner erzähle. Auch wenn das Sich-von-der-Seele-Reden Dinge leichter macht. Und doch ist eben die Gefahr groß, dass wenn es zur Trennung kommt, solch vertrauliche Themen weiter erzählt werden und dann wie ein Bumerang zu einem zurückkommen.
Kommunikation und Einstellung
Nutzen Sie die gewaltfreie Kommunikation von M. Rosenberg, um Dinge anzusprechen oder Konflikte zu lösen. Verzichten Sie auf Schuldzuweisungen. Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitern auf der gleichen Augenhöhe. Hilfreich ist die Einstellung: Ich bin okay, du bist okay.
Ruhe
In der Ruhe liegt die Kraft. Wenn Sie in sich ruhen, fällt es Menschen leichter Ihnen zu vertrauen.
An der Stelle beschäftigen Sie sich doch mal wieder mit der Bauchatmung. Achten Sie darauf, dass das Ausatmen doppelt so lang ist wie das Einatmen. Um dies zu kontrollieren, nutzen Sie einen Ton, der Ihnen eine Rückmeldung über die Länge Ihres Ausatmens gibt oder zählen Sie mit. Achten Sie darauf, dass beim Einatmen der Bauch nach außen geht und beim Ausatmen wieder in den Ursprungszustand zurück geht. Üben Sie die Bauchatmung im „Trockentraining“. Steigern Sie dann langsam die Stresssituationen, denn wenn Sie das erste Mal die Bauchatmung wirklich wieder bewusst in einer Stresssituation einsetzen, ist es für ganz viele Menschen sehr schwer, diese korrekt auszuüben.
Denken Sie immer daran, Atmung kostet nichts. Würde die Atmung etwas kosten, könnten wir sie in der Apotheke kaufen, wären vielleicht mehr Menschen bereit in die Apotheke zu gehen und dieses Mittel gegen Nervosität, Lampenfieber, Druck und Stress zu erwerben und dann auch zu nutzen.
Sie können sich mit Hilfe der Atmung auch dabei unterstützen in der Gegenwart zu bleiben, und zwar indem Sie die Atmung beschreiben. Emotionale Präsenz ist in Mitarbeitergesprächen extrem wichtig. Ihr Mitarbeiter wird Ihnen dafür sehr dankbar sein. Sie sind emotional präsent, wenn Sie mit Ihren Gedanken im Raum und in der Gegenwart bleiben. Sollten Sie mal gedanklich in die Vergangenheit oder Zukunft abwandern, dann können Sie sich über die Atmung wieder in die Gegenwart zurückholen.
Selbstakzeptanz
Es ging heute unter anderem um eine Gesprächsvorbereitung für ein Gespräch mit dem Vorstand. Im ersten Moment fiel es meiner Kundin sehr schwer irgendetwas Positives an dem Vorstand zu benennen. Als sie sich bewusst gemacht hatte, dass eventuell auch Projektionen verhindern, irgendetwas Positives am Vorstand zu finden und dass Menschen gerne akzeptiert werden wollen, so wie sie sind, so wie wir ja auch akzeptiert werden wollen, so wie wir sind, war es ihr möglich, viele positive Eigenschaften beim Vorstand zu finden.
Wenn einem durch einen Menschen Eigenschaften gespiegelt werden, die man selbst bei sich vermisst oder die einen bei einem selbst stören, dann ist es wichtig mal auf die eigene Selbstakzeptanz und –annahme zu schauen. Hier arbeite ich bevorzugt mit der Affirmation: „Ich liebe und akzeptiere mich voll und ganz, von ganzem Herzen mit … .“ Hier ergänzen Sie die Seiten, die Sie an sich ablehnen oder als „Schatten“ bezeichnen.
Entschuldigung
Sollte Ihnen ein Fehler unterlaufen und Ihnen der Fehler bewusst werden, dann gestehen Sie den Fehler ein – statt diesen zu verschweigen oder zu vertuschen. Entschuldigen Sie sich bei Ihrem Gegenüber für den Fehler. Umgekehrt, wenn Ihr Gegenüber einen Fehler eingesteht, dann akzeptieren Sie auch die Entschuldigung Ihres Mitarbeiters und bringen Sie den Fehler nicht Monate später wieder auf den Tisch. Es ist wichtig, dass Fehler vorkommen dürfen.
Drängen Sie dann allerdings als Führungskraft drauf, dass der Fehler sauber analysiert wird (wie im Sport Wettkämpfe akribisch analysiert werden) und der Mitarbeiter seine Lernerfahrungen und „Trainings“aufgaben aus dem gemachten Fehler formuliert. Und dann haken Sie bitte beide den gemachten Fehler ab und lassen ihn für immer in der Vergangenheit.
Aufstehen, Krone richten, Anlauf nehmen, weitergehen
Heutzutage werden in meinem Augen Beziehungen viel zu schnell aufgekündigt, ob jetzt beruflich oder privat. Menschen werden in Schubladen gesteckt.
Oft sind Verletzungen in der eigenen Kindheit in der eigenen Familie Grund dafür, dass wir uns mit Menschen in unserem heutigen Umfeld schwer tun. Arbeiten Sie in diesem Fall an den Ereignissen in der Kindheit und kommen Sie in Frieden mit dem Erlebten.
Bei diesen Themen nutze ich oft den folgenden Satz: „Ich bitte dich um Verzeihung für all das, was ich dir angetan habe, und ich verzeihe dir all das, was du mir angetan hast.“ Das sagen Sie innerlich. Dabei stellen Sie sich den Menschen, der Sie in Ihrer Kindheit sehr verletzt hat, oder Ihren Ex-Partner vor Ihrem geistigen Auge vor.
Über die Autorin
Antje Heimsoeth, Diplom-Ingenieurin (FH), Coach, ECA und DVNLP, zert. Mental Coach, Gesundheitstrainerin, ECA Sport Coach (Master Competence), zert. Entspannungspädagogin, zert. Business Coach und Top-Speakerin mit mentalem Olympiafaktor: Go for Gold! mit eigenem Institut Heimsoeth Academy, ausgezeichnet als „Vortragsrednerin des Jahres 2014“ und „Deutschlands renommierteste Motivationstrainerin“ (FOCUS).
Weltweit tätig. Auftritte bei Sport1, hamburg1, nrw.tv, BR (Blickpunkt Sport) und Sky sowie auf Kreuzfahrtschiffen (MS Europa 2, AIDA). Bestsellerautorin, zuletzt erschienen: „Chefsache Kopf. Mit mentaler und emotionaler Stärke zu mehr Führungskompetenz“. Springer Gabler, 2015.
Sehr guter Beitrag, Frau Heimsoeth!
Einfach gut, was Frau Heimsoeth sagt und tut 🙂