Mit Kopf, Herz und Können zum Erfolg: Was wir von Olympioniken lernen können, Teil I

Mit Kopf, Herz und Können zum Erfolg: Was wir von Olympioniken lernen können, Teil I - Antje Heimsoeth

Autor

Antje Heimsoeth

Datum

23. Feb 2022

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Die Olympischen Winterspiele von Beijing sind zu Ende gegangen. Mit zwölf Goldmedaillen belegt Deutschland den zweiten Rang im Medaillenspiegel nach Norwegen. Die Athletinnen und Athleten haben Spitzenleistungen erbracht – und gleichzeitig gezeigt, welche Faktoren diese Leistung beeinflussen. Denn für einen Platz auf dem Podest kommt es nicht nur auf die Technik und physische Kondition an, sondern ebenso auf die psychische Verfassung, innere wie äußere Einflussfaktoren. Betrachten wir die Performance und Aussagen von Athletinnen, Athleten sowie ihren Coaches genauer, lässt sich viel daraus für das Arbeitsleben jenseits von Pisten, Loipen, Bahnen und Schanzen ableiten:

Erfolgsfaktor Spaß

Beim olympischen Skiabfahrtsrennen fehlten ihr nur 14 Hundertstel für eine Bronzemedaille. Bei der Ski-WM 2021 war es für Kira Weidle besser gelaufen: Sie sicherte sich mit einer Silbermedaille im Abfahrtsrennen den Platz auf dem Podest und damit den Titel Vize-Weltmeisterin. Und sie benannte für diesen Sieg einen Schlüsselfaktor, der sich auch auf Mitarbeitende und Führungskräfte in der Wirtschaft übertragen lässt: „Wenn ich mit Spaß fahre, bin ich schnell. Es hat richtig Spaß gemacht. Das ist bei mir auch der Schlüssel zum Erfolg. Endlich zurück auf dem Podest!“ (FAZ, 15.1.22). Viele Menschen gehen einem Job nach, bei dem sie die Freude an ihrem Tun vermissen. Die Auswirkungen sind nicht zu unterschätzen: Freude kann ein regelrechter Erfolgsmotor sein. Schon Albert Schweitzer wusste: „Erfolg ist nicht der Schlüssel zum Glück. Glück ist der Schlüssel zum Erfolg. Wenn Sie lieben, was Sie tun, werden Sie erfolgreich sein.“ Denn wenn wir Spaß haben an etwas, sind wir lockerer. Die Freude entspannt uns gewissermaßen. Das, was wir tun, fällt uns leichter, wir nehmen Anstrengungen und Herausforderungen anders wahr.

Spaß ist deshalb ein wichtiger Motivationsfaktor, der im Sport wie im Beruf zählt. Was braucht es im Beruf, damit Sie mit Freude zur Arbeit gehen? Victoria Carl, Olympiagold-Gewinnerin im Teamsprint Langlaufen, verriet im Interview, was ihr Team zur Spitzenleistung beflügelt hat: „Unser Schlüssel hier ist die Lockerheit, die uns [bei der Heim-WM] gefehlt hat.“ So wurde während der Olympiade jeden Morgen zur festen Zeit für zehn Minuten zu motivierender Musik getanzt. Am Tag des Sprintrennens lief „We will rock you“ von Queen. „Es hat richtig gut gepasst“, so Carl. „Und egal, was andere sagen: einfach abzappeln.“ (OVB, 18.02.2022). Es war eine unkonventionelle Lösung, um für Entspannung bzw. Lockerheit zu sorgen, die die Teamverantwortlichen gewählt hatten, weil es dieses Mal kein Deutsches Haus gab. Genau solche unkonventionellen, mutigen Entscheidungen braucht es mitunter auch in Unternehmen, um Raum für Spaß und Leichtigkeit zu schaffen. Solche Momente bringen das Team nicht nur einander näher, sondern dienen auch dem Stressabbau, wecken positive Gefühle und Energie, machen den Kopf frei.

Erfolgsfaktor Fokus

Ski-Langläuferin und Biathletin Denise Herrmann bewies in der Biathlonstaffel Nervenstärke und führte das Frauenteam damit zu Bronze. Dabei hatte sie beim dritten Schießen einen Fehler zu verbuchen. Die Gefahr ist in solchen Momenten groß, diesem Fehler nachzuhängen, sich im Kopf damit zu beschäftigen, was das für den Ausgang des Rennens bedeuten kann und dadurch beim vierten Schießen erneut einen Fehler zu machen. Doch Herrmann erinnerte sich stattdessen daran, dass es besser ist, beim Laufen ans Laufen zu denken und beim Schießen ans Schießen, wie sie im Anschluss erzählte. Es sei wichtig, im Hier und Jetzt zu bleiben. Diese Fokussierung ist elementar für das Erbringen souveräner Leistungen. Wenn sie dem Fehler beim Schießen nachhängen würde, wäre sie mental in der Vergangenheit. Doch wenn sie physisch bereits wieder auf der Laufstrecke ist, ist das Schießen Vergangenheit – und muss deshalb auch mental abgehakt sein, damit sie sich aufs Laufen konzentrieren kann. Den Fokus aufs Hier und Jetzt zu legen, kommt aus dem Zen-Buddhismus: Beim Essen gilt es zu essen, beim Schlafen zu schlafen – und nicht zu grübeln, über den morgigen Tag nachzudenken oder aufs Handy zu schauen.

Die deutsche Dressurreiterin Jessica von Bredow-Werndl gewann Doppel-Gold mit der Mannschaft und im Einzel bei den Olympischen Sommerspielen 2020 in Tokio. Sie betont, wie wichtig es ist, im Hier und Jetzt zu sein während einer Prüfung. Auch Skicrossfahrerin Daniela Maier, die bei den diesjährigen Winterspielen eine Bronzemedaille gewann, sagte nach ihrem Sieg: „Heute war ich sehr ruhig und bei mir, bin die Elemente gefahren und habe auf mich geschaut, das hat sich ausgezahlt.“ Wenn es um das Thema Stressmanagement und Burnout-Prävention geht, klagen viele immer wieder über Überlastung. Ich glaube, wenn wir uns weniger ablenken lassen würden, das Handy auch mal ausschalten und nicht auf zwei Bildschirmen auch noch ständig den E-Mail-Posteingang verfolgen würden, sondern uns mehr mit dem beschäftigten, was als Aufgabe vor uns liegt, wären wir schneller fertig mit der Arbeit und weniger überlastet. Wenn wir das Leben genießen wollen, ist es wichtig, immer wieder im Hier und Jetzt zu sein. Wenn Sie mit Ihren Kindern spielen oder ihnen dabei zuschauen, sollten Sie versuchen, nicht an to do`s im Job zu denken, sondern den Moment zu genießen, mit voller Aufmerksamkeit. Denise Herrmann blendet am Schießstand alles andere aus. Das sollten wir auch bei der Arbeit nach Möglichkeit tun. Üben Sie sich darin, innere und äußere Störfaktoren auszublenden. Verfolgen Sie nicht länger das Gespräch des Kollegen mit einem Ohr, sondern richten Sie Ihre volle Aufmerksamkeit auf das, was genau jetzt zu tun ist.

Erfolgsfaktor Förderer/Unterstützer

Unser Umfeld beeinflusst unser Denken, Fühlen, Handeln und Verhalten. Die Unterstützung seines Umfelds ist für jeden Menschen sehr wichtig. Das Wissen darum trägt ihn, spendet ihm Kraft, spornt ihn an. Um erfolgreich zu sein, benötigen wir ein unterstützendes Umfeld – das gilt für Sport wie Beruf. In einem Wettbewerb wie der Olympiade, wo es um absolute Höchstleistung im punktgenauen Moment geht, kommt auch dem Umfeld eine entscheidende Rolle zu. Am Tag vor ihrer Goldmedaille telefonierte Denise Herrmann mit ihrem Mental Coach. Herrmann: „Ich habe mir erlaubt, mich mit jemandem auszutauschen, der meine Knöpfe kennt.“ Suchen Sie sich Menschen, die Sie ermutigen (Förderer). Am Abend vor dem Wettkampf respektive vor dem Erbringen von Höchstleistungen braucht man niemanden, der einen herausfordert, nämlich den Finger in die Wunde legt, indem er oder sie auf Gefahren, Widrigkeiten, Schwächen verweist, sondern man braucht Ermutigung. Ich arbeite gerade als Mental Coach im Langlaufbereich auf Weltcupniveau und ich weiß: Ein falsches Wort, zum falschen Zeitpunkt geäußert, lässt die Goldmedaille unerreichbar werden, weil die Athletin oder der Athlet mental an diesen Worten hängenbleibt statt sich auf ihr oder sein Handeln zu fokussieren.

Das gilt auch für die Wirtschaft: Jede(r) hat einen Anteil am Erfolg, die Ansprache der Führungskraft Richtung Mitarbeitende ist mitentscheidend für das Erbringen herausragender Leistungen. Als Führungskraft sollten Sie sich dessen unbedingt bewusst sein. Skilanglauf-Bundestrainer Peter Schlickenrieder, der bei dieser Winterolympiade Gold für den Mannschaftssprint Frauen und Silber für die Langlaufstaffel Frauen verbuchen konnte, weiß um die Wirkung des Umfelds: „Alle im Team haben Anteil am Erfolg, selbst der, der die Deko macht, viele helfende Hände. Aber ein blöder Spruch kann einen Athleten zerstören.“ Auch Eishockey-Bundestrainer Toni Söderholm setzt auf die Macht des Umfelds. So sagte er zu Beginn der Olympischen Spiele: „Wir müssen uns in diesem Turnier jeden Tag besser zusammenfinden, im Training oder Spiel, dann schaffen wir hoffentlich ein Umfeld, in dem die Spieler sich mental und körperlich so stark fühlen, dass uns das alle Möglichkeiten gibt.“ (Hamburger Abendblatt, 10.2.22).

Lesen Sie mehr zu den Einflussfaktoren für Sieg oder Niederlage im zweiten Teil dieser Serie.

© Ihre Antje Heimsoeth

Mentale Stärke: Was wir von Spitzensportlern lernen können - Antje HeimsoethWeiterlesen: Antje Heimsoeth „Mentale Stärke: Was wir von Spitzensportlern lernen können“, Verlag C.H. Beck, München, 128 Seiten, ISBN-13: 978-3406708343, Preis: 6,90 €

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Über die Autorin: Antje Heimsoeth
Ihre berufliche Laufbahn begann Sie als Geodätin. Heute gehört Sie als Expertin für Mentale Stärke, Motivation, Leadership, Veränderung, Selbstführung und Spitzenleistungen und neunfache Buchautorin zu den bekanntesten Mental Coaches im deutschsprachigen Raum. Sie wurde als „Vortragsrednerin des Jahres 2014“ und 2021 ausgezeichnet. Bei Managern und Medien gilt sie als „renommierteste Motivationstrainerin Deutschlands“ (FOCUS).  Weltweit tätig. Buch zum Thema: „Kopf gewinnt! Der Weg zu mentaler und emotionaler Führungsstärke“. Springer Gabler.
Infos unter  www.heimsoeth-academy.com, www.antje-heimsoeth.com

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