Warum die Mitarbeiterbindung ans Unternehmen vor allem von weichen Faktoren abhängt
Verfolgt man die aktuellen Umfragen unter deutschen Arbeitnehmern, fällt eines auf: Die Unzufriedenheit ist groß. Die Hälfte hadert mit ihrem Job. Nicht nur, weil häufig die Bezahlung in ihren Augen zu gering ist, sondern weil sie zu wenig Anerkennung für ihre Leistung bekommt, die Freude an der Tätigkeit fehlt und das Betriebsklima schlecht ist. Jeder zweite Arbeitnehmer fühlt sich von seinem Arbeitgeber nicht ausreichend wertgeschätzt, nur jeder vierte kommt regelmäßig in den Genuss von Teamveranstaltungen. Doch gerade dort, wo Leistungsdruck und Anforderungen hoch sind, ist es von elementarer Bedeutung, dass Mitarbeiter und Führungskräfte sich als Team verstehen und als Team gut funktionieren. Für Unternehmen, deren Geschäft auf Beratung, Service und Dienstleistungen beruht, sind emotional gebundene Mitarbeiter immens wichtig. Emotionale Mitarbeiterbindung verbessert nicht nur die Kundenbindung, sondern hilft auch bei der Neukundengewinnung. Bei der Bezahlung mag es viele Abhängigkeiten geben, die einer pauschalen Großzügigkeit im Wege stehen, bei weichen Faktoren wie Wertschätzung und Betriebsklima hingegen haben Chefs jede Handhabe, um sie positiv zu beeinflussen.
Mitarbeiterbindung: Wo gute Beziehungen herrschen, wächst das Wir-Gefühl
Das Pflegen einer guten Beziehung zum Team ist nicht nur im Innendienst möglich, sondern auch dort, wo viele Mitarbeiter im Außendienst sind. Der Griff zum Telefon (oder das Senden einer Nachricht per email) ist unabhängig von der räumlichen Entfernung. Denn im Kern geht es um die Wertschätzung, die ich dem anderen entgegen bringe. Darum, ihm zu zeigen, dass ich ihn und seine Leistung wahrnehme und dass beides Bedeutung für mich hat. Das gilt im Übrigen für Arbeits- wie für andere Beziehungen. In der Arbeitswelt schafft eine gute Beziehung zum Team die Basis für eine motivierende und erfolgreiche Zusammenarbeit.
Die alljährliche Gallup-Studie zur Mitarbeiterbindung macht stets aufs Neue deutlich: Die emotionale Bindung eines Mitarbeiters ans Unternehmen basiert auf der Art des Umgangs mit ihm. Wesentliche Faktoren für eine befriedigende Beziehung sind gegenseitige Unterstützung, Austausch, Perspektiven der Weiterentwicklung und persönlicher Handlungsspielraum. Wer ständig in Fesseln geführt wird, nimmt eine passive Haltung ein und resigniert. Die einzige Motivation, die hier noch zu erwarten ist, ist jene für die Suche nach einem neuen Job.
Mitarbeiterbindung: Wo der Wert des Mitarbeiters zählt, wächst Vertrauen
Wertschätzung zeigen heißt nicht nur, respektvoll und aufmerksam, dankbar und zugewandt zu sein. Wertschätzung zeigt sich auch darin, wie im Unternehmen mit Fehlern umgegangen wird. Bei mangelnder Wertschätzung herrscht das Herumreiten auf dem Fehler vor, mitunter wird der Mitarbeiter vor versammelter Mannschaft abgekanzelt und im rüden Ton kritisiert. Das schürt eine kollektive Angst vor Fehlern, mitnichten aber ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Miteinanders. Gerade in Konflikt- und Stresssituationen zeigt sich, wo wahre Anerkennung herrscht und wo sie nur vorgegaukelt ist. Wird versucht, eine sachliche Fehleranalyse zu betreiben oder stehen Schuldzuweisungen im Vordergrund? Bleibt der Chef auch dann noch respektvoll, wenn er u.U. selbst für den Fehler eines Mitarbeiters gerügt wurde?
Wechselseitiges Vertrauen in die Loyalität des anderen ist der Boden, auf dem Erfolge wachsen. Mangelt es an diesem Vertrauen, wird das Leistungspotenzial des Mitarbeiters gehemmt und der Mut zu neuen Ideen und Herangehensweisen bleibt auf der Strecke. Natürlich gehört Mut bei einer Führungskraft dazu, sich bedingungslos hinters Team zu stellen und auf das Können des Einzelnen zu vertrauen. Aber Vertrauen ist keine Einbahnstraße. Es braucht in beide Richtungen Bewegung.
Mitarbeiterbindung: Wo gelobt wird, steigt das Selbstwertgefühl
Anerkennung und Wertschätzung stärken unser Selbstwertgefühl. Jeder Mensch sehnt sich nach danach. Erfahren wir Lob, Zuspruch und Hinwendung, schüttet unser Körper Dopamin aus. Das sorgt für einen Motivationsschub, Energie und Antrieb zu weiteren guten Leistungen. Unser Gehirn speichert dieses Erleben ab und signalisiert: Mehr davon! Doch oft werden gute Leistungen als selbstverständlich betrachtet, schlechte Leistungen und Defizite jedoch moniert. Aus welchen Gründen loben wir so wenig und geizen derart mit Anerkennung? Ist es die Sorge, der andere könnte die Bodenhaftung verlieren und übermütig werden? Oder hat es etwas mit unserer Haltung uns selbst gegenüber zu tun, indem wir eigene Leistungen gering schätzen? Viele der Führungskräfte, die ich coache, fühlen sich selbst – von oben und von unten – kaum gelobt. Und haben keine Lob aus sich selbst heraus für sich selbst und Geleistetes. Wer kein Lob erfährt, lobt selbst auch weniger. Wer sich selbst nicht mal für Erfolge (Er-folg(t)) lobt, findet kein Lob für Andere.
Anerkennung signalisiert dem anderen: Ich habe deine Bemühungen gesehen und schätze sie wert. Es zeigt auch: Hier bist du gut, das schätze ich. Das gibt dem Anderen Sicherheit und stärkt sein Selbstvertrauen. Dabei braucht es weder pauschales Lob noch wahre Lobgesänge. Oft sind es die kleinen Gesten wie ein dankbarer Händedruck oder der schlichte Satz: „Toll, dass Sie das heute noch erledigen konnten, obwohl die Zeit so knapp war.“, die einem Mitarbeiter zeigen, dass seine Leistung anerkannt wird.
Wo Einigkeit über das Ziel herrscht, ist Eigenständigkeit die Folge
Es nützt nichts, wenn der Teamleiter eine klare Vorstellung vom anvisierten Ziel hat, aber seine Mitarbeiter keins oder völlig andere. Es hängt viel von einer klaren Kommunikation des Ziels ab. Ein eigenständiges Arbeiten des einzelnen Teammitglieds ist nur dort möglich, wo Erwartungshaltungen und Zielvorstellungen für jeden klar und nachvollziehbar sind. Wer orientierungslos arbeitet, agiert höchstens zufällig in die richtige Richtung, mitunter aber auch in die völlig falsche.
Erfolgreiche Teamarbeit bedeutet auch, sich über Ziele einig zu sein und diese mit voller Kraft zu verfolgen. Mit voller Kraft heißt: Mit allen nötigen Ressourcen, innerlich wie äußerlich. Als Führungskraft gilt es hier nachzufragen: Was braucht das Team, damit das Team- oder Unternehmensziel erfüllt werden kann? Was braucht der einzelne Mitarbeiter? Welche offenen Fragen zur Aufgabenstellung sind noch offen? Niemand gibt Vollgas, wenn er gar nicht weiß, wohin er den Wagen eigentlich steuern soll.
Wo sich ein Team gut kennt, ist gute Zusammenarbeit die Folge
Als soziale Wesen wollen wir Menschen Teil einer Gruppe sein und uns mit anderen verbunden fühlen. Wer als Team funktionieren soll, muss sich auch als Team begreifen. Gemeinsamen Aktivitäten kommt hier eine entscheidende Bedeutung zu. Damit meine ich nicht nur die alljährliche Weihnachtsfeier und das Sommerfest, sondern bewusste Teamevents im Laufe des Jahres. Gerade dort, wo Mitarbeiter viel im Außendienst tätig sind, braucht es regelmäßige Zusammenkünfte, die zum Austausch und noch besseren Kennenlernen dienen.
Wer darauf aus Zeit- oder Geldgründen verzichtet, denkt zu kurzfristig. Je stärker sich mein Team als Team empfindet, weil aus gemeinsamen Aktionen Sympathie, Verständnis, Vertrauen und Verlässlichkeit erwachsen sind, desto tragfähiger wird das Gefüge – insbesondere dann, wenn der Wind von vorne bläst. Die Freude und Zufriedenheit in der Arbeit eines Teams ist entscheidend für den Unternehmenserfolg. Für gemeinsame Freude gilt es, Gelegenheiten zu schaffen.
Fazit Beziehungsmanagement
In einer Zeit, die von Wandel und Fluktuation geprägt ist, haben dauerhafte, gute Beziehungen eine immense Stabilisierungsfunktion. Die Pflege von Beziehungen ist für die psychische Gesundheit und Stressbewältigung, nicht nur bei Mitarbeitern, wichtig. Tatsächlich gelten Beziehungen mittlerweile als das wichtigste Mittel der Prävention bei Stress und Burnout. Höchste Zeit, dass diese Erkenntnis auch in den Chefetagen Einzug hält – damit mehr als die Hälfte der Mitarbeiter gern fürs Unternehmen arbeitet.
Quellen:
Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov im Auftrag des Personalvermittlers Manpower
Umfrage des Gutscheinanbieters Sodexo
Heimsoeth, A. (2015) Chefsache Kopf. Mit mentaler und emotionaler Stärke zu mehr Führungskompetenz. Springer Gabler, Wiesbaden, S. 94 – 100.
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