Die verschiedenen Arten von Vertrauen

Die verschiedenen Arten von Vertrauen

Autor

Antje Heimsoeth

Datum

16. Sep 2020

„Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich verstanden,
dass ich immer und bei jeder Gelegenheit, zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin
und dass alles, was geschieht, richtig ist – von da an konnte ich ruhig sein.
Heute weiß ich: Das nennt man Vertrauen“.

Zugeschrieben werden diese Zeilen Charlie Chaplin. Der Weltstar des Stummfilms soll sie anlässlich einer Rede zu seinem 70. Geburtstag am 16. April 1959 gesagt haben. (vgl. https://www.sinndeslebens24.de/charly-chaplin-als-ich-mich-selbst-zu-lieben-begann) Und damit sind wir auch schon mitten drin in der Frage, welche Arten von Vertrauen es gibt. Charlie Chaplin spricht vom Selbstvertrauen. Diese steht neben den vier bekannten Arten von Vertrauen:

  • Dem interpersonalen Vertrauen, das sich zwischen zwei Personen aufbaut.
  • Dem personalen Vertrauen, das das Vertrauen einer Person in ein System oder eine Organisation und Institutionen beschreibt.
  • Dem Organisationsvertrauen, in dem eine Person das Vertrauen einer Organisation besitzt.
  • Und schließlich dem interorganisationalen Vertrauen zwischen zwei Organisationen, bei denen einer die Rolle als Vertrauensgeber einnimmt und der andere als Vertrauensnehmer agiert.

Anders als beim Selbstvertrauen, das jeder einzig und allein mit sich selbst ausmacht, haben die anderen Arten von Vertrauen immer zwei Gegen- oder besser Mitspieler: Einen, der vertraut – und einen, dem Vertrauen entgegengebracht wird. Uns als sozialen Wesen kommt das grundsätzlich zugute. Vorausgesetzt, wir können es auch zulassen. Wenn das kein guter Grund ist, Vertrauen zu kultivieren und noch etwas tiefer in die Vielschichtigkeit des Begriffes einzutauchen.

Früher hatten viele Menschen ein tiefes Urvertrauen in den Glauben, in Gott, ins Leben. Verbunden mit der Überzeugung, dass hinter allem, was geschieht, eine göttliche Kraft steht. Unabhängig, ob oder an welchen Gott wir glauben, möglicherweise auch einfach nur an ein Schicksal – dieses Vertrauen in eine höhere Macht, hat den Menschen geholfen, Kriege oder schwere persönliche Schicksalsschläge zu überwinden. Sie waren sicher, dass alles einen Sinn hat, auch wenn man diesen nicht immer sofort erkennen oder verstehen kann.

Charlie Chaplin beschreibt das übrigens so:
„Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört,
mich nach einem anderen Leben zu sehnen und konnte sehen,
dass alles um mich herum eine Aufforderung zum Wachsen war.
Heute weiß ich: Das nennt man Reife.“

Es bedarf tatsächlich einer Art inneren Reife, dem Vertrauen eine Chance zu geben. Weniger an sich und anderen zu zweifeln, sondern zu glauben, dass das Vertrauen, das man bedingungslos schenkt, auch zu einem zurückkommt. Vielleicht nicht immer gleich und vielleicht auch nicht immer von demjenigen, den es betrifft. Ja, ich weiß, dass man manchmal auch enttäuscht wird. Aber was bleibt, wenn wir, einmal oder mehrmals enttäuscht, auch selbst kein Vertrauen mehr schenken?

Vielleicht ist es besser, wenn wir dem Vertrauen eine Dynamik zugestehen, die wir nicht immer steuern oder beeinflussen können. Sie dafür – wie Charlie Chaplin – als Aufforderung und Möglichkeit zum Wachsen und Lernen sehen.

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In diesem Leben sind wir irgendwie doch alle miteinander verbunden. In der Familie, im Kollegenkreis, mit Freunden – und letztendlich als Menschen auch mit allen anderen Lebewesen auf diesem Planeten. Wir sollen, dürfen und können anderen Menschen vertrauen. Ja, wir müssen es sogar. Anders wäre ein Zusammenleben und Zusammenarbeiten nicht möglich. Mit allem Misstrauen, das uns begegnet.  Über alle Missverständnisse hinweg, mit denen wir immer wieder konfrontiert werden. Auch Charlie Chaplin hat das erkannt:

„Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen, Konflikten
und Problemen mit uns selbst und anderen fürchten, denn sogar Sterne
knallen manchmal aufeinander und es entstehen neue Welten.
Heute weiß ich: Das ist das Leben!“

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Und wenn es das Leben einmal nicht so gut mit uns meint, dann trägt uns auch unser Selbstvertrauen durch Krisen und schwierige Zeiten. Diese Sicherheit des Hafens in uns selbst gibt uns die Gelassenheit und den Mut, daran zu glauben und darauf zu vertrauen, dass es wieder gut wird.

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Voraussetzung für Selbstvertrauen sind ein hohes Selbstwertgefühl und positives Selbstbild. Umso mehr ich mich liebe und akzeptiere mit meinen Stärken und Schwächen, umso mehr Selbstvertrauen. Wir brauchen uns nicht mit anderen vergleichen (Blogartikel „Vergleiche“). Sorgen Sie sich nicht darum, was andere über Sie denken. Im Bewusstsein und der realistischen Einschätzung der eigenen Leistung werden Zweifel und Ausreden überflüssig. Oder wie Charlie Chaplin sagt:

„Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört,
mich meiner freien Zeit zu berauben, und ich habe aufgehört,
weiter grandiose Projekte für die Zukunft zu entwerfen.
Heute mache ich nur, was mein Herz zum Lachen bringt,
auf meine eigene Art und Weise und in meinem Tempo.
Heute weiß ich: Das nennt man Ehrlichkeit.“

Diese Ehrlichkeit braucht es nicht nur uns selbst gegenüber, sondern auch in Vertrauensbeziehungen. Auf Gegenseitigkeit ausgelegt, gibt es in diesem Zusammenhang noch einmal drei Arten des Vertrauens zu beleuchten: Das situationsbasierte, das eigenschaftsbasierte und das identifikationsbasierte Vertrauen.

Wir Menschen sind emotionale Wesen. Stimmen die Emotionen, vertrauen wir manchmal sehr spontan. Dieses situationsbedingte Vertrauen wird oftmals nicht als echtes Vertrauen betrachtet. Vor allem, wenn es alleine darauf basiert, dass der andere uns – genau mit der Absicht – im Vorfeld vielleicht einen Gefallen getan hat. Emotionen spielen auch beim eigenschaftsbasierten Vertrauen eine große Rolle. Aufgrund der uns bekannten Kompetenzen sowie der vermeintlichen Integrität sprechen wir unserem Gegenüber eine gewisse Vertrauenswürdigkeit zu.
Gemeinsame Werte, Bedürfnisse und Ziele schließlich bilden die Grundlage für das identifikationsbasierte Vertrauen.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch eine Art des Vertrauens vorstellen, die gerade in der heutigen Zeit enorm wichtig ist für unser aller Zusammenwirken: Swift Trust , das sogenannte schnelle Vertrauen. Das benötigen wir immer dann, wenn wir mit Menschen zusammenarbeiten sollen, die wir noch nicht lange kennen. Die Zeit für eine Vertrauensbildung fehlt heute oft, beispielsweise in spontan gebildeten virtuellen Teams. Swift Trust ist sozusagen eine Form des situationsbasierten Vertrauens. Wir werden ins kalte Wasser geworfen und müssen darauf vertrauen, dass alle anderen ebenfalls strampeln, wenn es darauf ankommt. Und was soll ich Ihnen sagen: Sind die Ziele – im Idealfall der gemeinsame Erfolg – klar und die Kompetenzen gut verteilt, klappt das meist auch.

Ich habe mit Charlie Chaplin angefangen und möchte mit einem weiteren Auszug aus seiner Rede enden:

„Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört,
immer recht haben zu wollen, so habe ich mich weniger geirrt.
Heute habe ich erkannt: Das nennt man Demut.“

© Ihre Antje Heimsoeth

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